Larry Fink, der Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, hat mit einem Rat an die EZB für Aufsehen gesorgt: Die europäischen Währungshüter sollten mit Aktienkäufen Liquidität und Kaufkraft schaffen und dadurch die schwache Konjunktur in der Eurozone stimulieren.
Zur Erinnerung: Im Rahmen ihres Quantitative Easing (QE) hat die EZB bisher nur Anleihen gekauft, vor allem Staatsanleihen, aber auch Pfandbriefe und Unternehmensbonds. Und das im gewaltigen Volumen von über 2,6 Billionen Euro, davon allein für gut eine halbe Billion deutsche Anleihen. Nun, da die Zentralbank anscheinend vor hat, ihr zu Jahresbeginn beendetes Kaufprogramm wegen der Konjunkturschwäche neu aufzulegen, rät Fink zu diesem ungewöhnlichen Schritt. Aber ist er wirklich so ungewöhnlich?
Eine Studie der US-Bank State Street hat herausgefunden, dass 2018 immerhin 11 der größten 30 Zentralbanken Aktien gehalten haben. Der bekannteste Fall in unserer Nachbarschaft ist die Schweiz, dort kauft die Nationalbank seit vielen Jahren massiv Aktien. Der größte Aktienkäufer weltweit ist jedoch Japan, das 2010 damit begonnen hat und inzwischen mehr als 20% seiner Reserven in Aktien hält. Allerdings kauft die Bank of Japan keine Einzelaktien, sondern konzentriert sich auf ETF, also börsengehandelte Indexfonds. Bei über der Hälfte der Unternehmen aus Japans Leitindex Nikkei 225 gehört die Notenbank dadurch zu den drei größten Aktionären. Überhaupt sind ETF die Lieblingsprodukte der Zentralbanken mit Aktienbesitz. State Street schätzt, dass 90 % ihres Aktienanteils in Indexfonds angelegt sind.
Auch die EZB hat vor Jahren schon einmal mit dem Gedanken gespielt, Aktien im Rahmen ihres Kaufprogramms zu berücksichtigen. Dass es nicht dazu kam, liegt vor allem daran, dass mitten in der Diskussion über diesen Schritt die Konjunktur in Euroland kräftig anzog – und damit keine Notmaßnahmen mehr nötig waren. Auch in den USA wird über mögliche Aktienkäufe diskutiert – allerdings darf die Fed das im Gegensatz zur EZB noch nicht. Der Kongress müsste zuvor die Gesetze ändern.
Larry Fink sieht Aktienkäufe als wirksamste Lösung an, weil die EZB angesichts eines Leitzinses von Null und negativer Anleihenrenditen vieler Staatsanleihen damit ihre Ziele am schnellsten erreichen könnte. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Wenn die EZB das Anleihekaufprogramm neu startet, gehen allmählich geeignete Anleihen aus, die sie unter den herrschenden Regeln erwerben darf. Entweder muss sie die Regeln aufweichen, oder neue Wertpapiere ins Programm aufnehmen. Und da bieten sich eben Aktien als liquide Anlageform an. Nicht zu vergessen ist auch der Ertragseffekt: Wenn die EZB jetzt fünfjährige Bundesanleihen mit einer Rendite von minus 0,68 % aufkauft, ist ein Verlustgeschäft programmiert – immerhin fast 3,5% Einbußen wenn die Papiere bis zur Fälligkeit gehalten werden. Real, also unter Berücksichtung einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1,5 %, summieren sich die Verluste bereits auf rund 11 %.
Fink sieht in Aktienkäufen durch die EZB auch deshalb keine riesigen Risiken, weil er die Bewertung europäischer Aktien für zu niedrig erachtet, vor allem im Vergleich zu den USA. Und Fink hofft – natürlich auch mit Blick auf die Geschäfte von Blackrock, dass Aktienkäufe durch die EZB das Vertrauen der Europäer in Aktien stärken und so die darniederliegende Aktienkultur verbessern könnten. Und nicht zuletzt würde das die Aktienkurse in die Höhe treiben. In Japan ist der Nikkei 225 in den letzten 10 Jahren um deutlich über 100% gestiegen, der EuroStoxx 50 gerade mal um 30%.
Klar ist natürlich, dass die EZB einen derartigen Schritt nicht sofort einleiten, sondern eine lange Diskussionsphase abwarten würde, in der sie Anleger, Medien und Politiker darauf vorbereiten könnte. Aber immerhin hat Larry Fink einen Anstoß zu einer derartigen Diskussion gegeben.
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