Erzielen Sie mit Kapitalanlagen Verluste, können Sie sie grundsätzlich mit Gewinnen aus Kapitalanlegen verrechnen. Das sehen die Regeln der Abgeltungsteuer vor. Doch Verlust ist nicht gleich Verlust. Der Teufel steckt im Detail. Gerade bei Derivaten ist die Lage unübersichtlich. Wie sind Verluste aus Optionsscheinen und Knock-outs zu behandeln?
Fallen Verluste aus Optionsscheinen und Knock-outs unter die Verlustverrechnungsbegrenzung für Termingeschäfte?
Seit Anfang 2021 gelten neue Regeln des Bundesfinanzministeriums, wenn Anleger Verluste aus Termingeschäften und Stillhaltergeschäften erzielen. Verluste dürfen dann nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Der Gesetzgeber hatte damit abermals ein neuen Verlustverrechnungskreis geschaffen. Davon gibt es inzwischen vier: Einen für sonstige Verluste (z.B. mit Fonds, ETF, Anleihen etc.), einen gesonderten für Aktienverluste. Seit 2020 gibt es einen für Verluste aus der ganzen oder teilweise Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung. Und seit 2021 nun einen für Termingeschäfte.
Was genau ist ein Termingeschäft in Augen der Finanzverwaltung?
Doch was die Steuerverwaltung nun genau unter Termingeschäften versteht, war lange unklar. Hinter den Kulissen wurde heftig darum gerungen. Erst fast ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung versuchte das Bundesfinanzministerium mit einem Schreiben vom 3. Juni 2021 (Dokument: 2021/0005928, GZ: IV C 1 – S 2252/19/10003 :002) die Sache zu klären.
Optionsscheine ebenso wie zum Beispiel Knock-out-Zertifikate sind demnach keine Termingeschäfte im steuerlichen Sinne. Die 2021 eingeführte Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte in Höhe von 20 000 Euro pro Jahr greift nach besagtem BMF-Schreiben allerdings zum Beispiel für Verluste aus Swaps, Devisentermingeschäfte, den Verfall von Optionen, aber auch für CFDs (Contracts für Difference).
Was heißt das jetzt für Anleger mit Optionsscheinen und Knock-out-Zertifikaten im Depot?
Verkaufen Sie als Anleger ein solches Papier mit Verlust oder bekommen es mit Verlust zurückgezahlt, stellt Ihre Depotbank den Verlust folglich in den allgemeinen Verlustverrechnungstopf ein. Sie verrechnet den Betrag dann laufend mit Gewinnen zum Beispiel aus ETF- oder Fonds-Verkäufen oder auch mit Zins- oder Dividendenerträgen. In diesem Fall greift keine Verlustverrechnungsbeschränkung.
Aber Vorsicht: Erzielen Sie mit einem der genannten Papiere einen Totalverlust, greift die 2020 eingeführte Verlustverrechnungsbeschränkung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 6 Einkommensteuergesetz für Verluste aus Kapitalvermögen aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung. Beobachter gehen davon aus, dass das BMF auch dann von einer Wertlosigkeit ausgehen könnte, wenn die Transaktionskosten größer als oder gleich hoch wie der Veräußerungserlös sind. Sofern der Erlös die Transaktionskosten auch nur geringfügig übersteigt, sind die Verluste hingegen laufend und in voller Höhe verrechenbar.
Anleger sind daher gut beraten, einen solchen Totalverlust gar nicht erst entstehen zu lassen – oder Produkten den Vorzug zu geben, bei denen er von der Konstruktion her gar nicht erst entstehen kann.
Vorsicht bei Totalverlusten mit Optionsscheinen und Knock-outs
Ist es nämlich ganz dumm gelaufen und erzielt man mit einem Knock-out einen Totalverlust, landet das Geschäft folglich im Verlustverrechnungskreis für Verluste aus Kapitalvermögen aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung. Und das ist für Anleger mit Ärger und Aufwand verbunden: Solche Totalverluste dürfen nur bis zu einer Höhe von 20 000 Euro pro Jahr mit Gewinnen aus Wertpapiergeschäften verrechnet werden. Diese Verrechnung ist aber nur über die Steuererklärung möglich, nicht aber bei den Depotbanken. Und möglicherweise gibt es unliebsame Folgen für die Liquidität – wenn man zum Beispiel mit ETF schöne Gewinne erzielt hat, auf die man Abgeltungsteuer abführen musste, gleichzeitig aber mit einem Knock-out einen Verlust erzielt hat, den man steuerlich nicht sofort vollständig gegenrechnen kann.
Hürden bei der Verlustverrechnung
Es bleibt also dabei, dass der Gesetzgeber Gewinne mit Wertpapiergeschäften so schnell wie möglich besteuert, bei der Verrechnung von Verlusten allerdings Hürden aufbaut.
Aktienverluste auf dem Prüfstand beim Bundesverfassungsgericht
Ob die steuerlich ungleiche Behandlung von Gewinnen und Verlusten verfassungswidrig ist, prüft zumindest mit Blick auf die Verlustverrechnungsbeschränkung bei Aktien gerade das Bundesverfassungsgericht. Der Bundesfinanzhof (Az.: VIII R 11/18) hält die aktuell geltende Verlustverrechnungsbeschränkung bei Aktien jedenfalls für nicht zulässig und hat die Verfassungsrichter eingeschaltet.
Foto: Deutsche Börse AG – Bildpool Börse Frankfurt – Parkett IHK Frankfurt – Oktober 2014
Danke, guter Überblick.
Danke für den umfangreichen Artikel. Aber wie und wo trägt man denn nun etwaige Verluste mit Optionsscheinen oder KOs in der Anlage KAP ein?