Quasi über Nacht haben Deutschlands etablierte Parteien entdeckt, dass wir ab dem nächsten Jahrzehnt auf einen Renten-GAU zusteuern. Jetzt wollen CDU, CSU und SPD die Altersvorsorge zum Thema der Bundestagswahl 2017 machen. Die Proteste von Versicherungen, Banken und Sparkassen gegen die Nullzinspolitik sowie die Stärke der AfD, die sich schon seit langem des Themas annimmt und unter anderem die verpflichtende Einzahlung in einen Staatsfonds fordert, hat die Alt-Parteien aufgeweckt. Die Frage ist nur, wie die neue Rentenreform aussehen soll.
CSU-Chef Horst Seehofer hat es auf den Punkt gebracht: Unter den jetzigen Umständen droht der Hälfte der künftigen Rentenempfänger Altersarmut, sie seien dann auf Sozialhilfe angewiesen. Das ist zwar nicht gerade eine neue Erkenntins, denn Experten rechnen schon seit vielen Jahren vor, dass die Rente zum Megaproblem wird, wenn nicht bald umgesteuert wird. Die Politik hat das viel zu lange ignoriert – und sucht jetzt plötzlich unter dem Druck der Nullzinspolitik fieberhaft nach Auswegen gegen die Krise der Altersvorsorge.
Am schwersten dürften es SPD und Grüne haben, weil sie vor eineinhalb Jahrzehnten die Rentenabsenkungen beschlossen und zum Ausgleich dafür die unglückselige Riester-Rente auf den Weg gebracht haben. Sie müssen ihre Fehler eingestehen – und das tut kein Politiker gern. Die SPD möchte vor allem die betriebliche Altersvorsorge stärken, also die Unternehmen mehr in die Pflicht nehmen. Die Unionsparteien haben es zwar leichter als die SPD, weil sie die damalige Rentenreform nicht beschlossen haben – aber sie müssen sich vorwerfen lassen, in der Regierungszeit Merkel das Thema weitgehend ignoriert und wertvolle Zeit verschenkt zu haben. Jetzt wollen CSU und CDU getrennt marschieren: Seehofer will das Desaster der Riester-Rente beenden und die Verträge rückabwickeln und dafür die gesetzliche Rente stärken, während die Bundeskanzlerin auf bessere private Vorsorge setzt.
Angesicht der Schwere des Problems wird es letztlich darauf hinauslaufen, alle Stellschrauben zu drehen, also die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung aus Steuermitteln weiter aufzustocken, die betriebliche Rente, die immens unter der Nullzinspolitik leidet, attraktiver zu machen und vor allem die private Vorsorge zu stärken. Statt der überregulierten und mit viel zu viel teuren Garantien versehenen Riester-Rente sollen die Menschen bei der staatlichen Förderung mehr Freiheit haben, selbst zu wählen, auf welche Anlageformen sie setzen wollen.
Und da führt einfach kein Weg an der Aktie vorbei. Ein langfristiger Kapitalaufbau ist gerade in der Nullzinsphase anders nicht denkbar. Das aber erfordert zuerst ein Umdenken der Politiker, die Aktien immer noch als Teufelszeug und Spekulationsvehikel ansehen. Sie sollten den Menschen erklären, dass Aktien langfristig die höchsten Erträge abwerfen und zur Zeit wahrscheinlich – zusammen mit anderen Sachanlagen – die einzige Möglichkeit sind, sich ein ausreichendes Polster fürs Alter aufzubauen. Und die Anleger müssen ihre oft viel zu kurzfristige Denke bei Aktiengeschäften aufgeben und die langfristigen Vorteile der Aktie besser nutzen.
Zumal es mit den Indexfonds (ETFs) Instrumente gibt, mit denen Anleger auch kleine Beträge kostengünstig, breit streuend und international anlegen können – was insbesondere bei Sparplänen die Rendite deutlich anhebt und sie zu optimalen Vorsorgeinstrumenten macht. Wenn die Politik ab jetzt endlich heiß über den richtigen Weg zur auskömmlichen Rente diskutiert, darf sie aktienbasierte Investments nicht länger benachteiligen, sondern sie in den Vordergrund rücken und ihnen die gleiche Förderung zukommen lassen wie anderen Anlageformen. Das Motto muss jetzt heißen: Lasst endlich mal die Aktie ran!
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