Warum überflügelt der DAX die kleinen Aktien in diesem Jahr so besonders stark? Derart große Unterschiede in der Kursentwicklung deutscher Aktien wie 2024 gab es selten: Während der DAX ganz dick im Plus ist, verzeichnen MDAX und SDAX sogar Verluste. Wie lässt sich diese Diskrepanz zwischen Groß und Klein erklären?
Anleger, die Ende vorigen Jahres auf den DAX gesetzt haben – beispielsweise über einen DAX-ETF – können sich heute über ein sattes Plus von fast 16% freuen. Wer dagegen einen MDAX-ETF gewählt hat, ärgert sich über ein Minus von knapp 2%. Der SDAX steht mit einem Verlust von 3% noch etwas tiefer im roten Bereich.
Deutsche Konjunktur hinkt hinterher
Der Hauptgrund dafür, dass die Spezialwerte im Durchschnitt um so viel schlechter abgeschnitten haben als die Blue Chips aus dem DAX, liegt in der schwachen Konjunktur. Deutschland ist ja das Wachstums-Schlusslicht in Europa. Darunter leiden kleine und mittlere Unternehmen in der Regel wesentlich mehr als große Konzerne, die einen beachtlichen Teil ihrer Geschäfte im Ausland abwickeln und dort auch vermehrt produzieren. Vor allem in den USA ist die Wirtschaftsentwicklung wesentlich dynamischer, aber auch in Asien und Lateinamerika sieht es konjunkturell deutlich besser aus als hierzulande. Dort können die breit aufgestellten Großunternehmen zumindest einen Teil ihres mauen Deutschland-Geschäfts kompensieren.
Warum überflügelt der DAX die kleine Aktien? Wegen Sonderentwicklungen!
Hinzu kommt, dass der DAX von der Sonderentwicklung einiger Konzerne profitiert. Hier fällt besonders die Kursverdreifachung von Siemens Energy nach dem Kurssturz infolge des zeitweise kriselnden Windenergie-Geschäfts ins Auge. Ebenso die Verdoppelung beim Rüstungskonzern Rheinmetall. Am meisten zur guten Performance trägt aber das mit Abstand gewichtigste DAX-Mitglied SAP bei: Es profitiert vom KI-Boom und verzeichnet mittlerweile über 60% Kursgewinn – ebenso viel wie der Triebwerkshersteller MTU. Diese vier Überflieger gleichen die herben Verluste vor allem der Autowerte und von Bayer mehr als aus. Immerhin 17 der 40 DAX-Werte bewegen sich aktuell im Minus.
Krise der Autohersteller
Die Krise bei VW, Mercedes, BMW, Porsche und auch ausländischen Fahrzeugherstellern ist auch ein entscheidender Grund für die Schwäche von MDAX und SDAX. Dort sind zahlreiche Automobil- und Maschinenbau-Zulieferer vertreten und ziehen die Mid- und Smallcaps nach unten. Hinzu kommt, dass auch die von der Konjunkturschwäche besonders betroffenen Stahl- und Rohstoffunternehmen sowie Konsumwerte in den Nebenwerte-Indizes ein hohes Gewicht aufweisen.
ETF-Boom vernachlässigt kleine Aktien
Nicht ganz vergessen sollte man, dass kleine und mittlere Werte vielfach auch „Opfer“ des ETF-Booms sind. Bei den Indexfonds fließt der Großteil der Anlegergelder, insbesondere von institutionellen Investoren, in Aktien großer Unternehmen, die in Blue-Chips-Indizes wie DAX, EuroStoxx 50 oder MSCI World gelistet sind. Dagegen haben ETFs auf den MDAX gerade einmal 1,5 Milliarden Euro eingesammelt. Und auf den SDAX gibt es gar keine ETFs mehr. Unternehmen aber, die in gar keinem Auswahlindex vertreten, fallen bei ETF-Anbietern und -Käufern nahezu komplett aus dem Raster.
Ganz anderes Bild in den USA
Während die deutschen und europäischen Nebenwerten den Blue Chips weit hinterher hinken, sieht das übrigens in den USA ganz anders aus. Der Kleinwerte-Index Russell 2000 hat im bisherigen Jahresverlauf mit einem Plus von knapp 20% besser abgeschnitten als der Dow Jones mit plus 17%. Mit dem KI-getriebenen Nasdaq 100 , der um gut 28% zugelegt hat, kann er dagegen nicht mithalten.
Analysten sehen gute Einstiegschancen
Manche Analysten sehen nach der inzwischen schon Jahre andauernden Nachzügler-Rolle der deutschen Nebenwerte gute Chancen für einen Einstieg. Zumal ihre Bewertung historisch günstig geworden ist. Allerdings dürfte eine dauerhafte Wende wohl erst eintreten, wenn die deutsche und europäische Wirtschaft dynamischer wachsen als in den letzten Jahren. Danach sieht es nach den jüngsten Konjunkturdaten allerdings zurzeit leider gar nicht aus.
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