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Schlechtes Timing, Frau Merkel

Als Börsenhändler würden Angela Merkel und Wolfgang Schäuble vermutlich wegen Erfolgslosigkeit ziemlich schnell gefeuert. Denn die Kanzlerin und ihr Finanzminister beherrschen eine Kunst überhaupt nicht, die aber an den Kapitalmärkten unabdingbar ist: das Timing. Mit ihrem überraschenden Alleingang in Sachen Verbot ungedeckter (nackter) Leerverkäufe von Versicherungen auf europäische Staatsanleihen (CDS) und zehn deutsche Finanzaktien haben sie erste kleine Stabilisierungsanzeichen des Euro und der südeuropäischen Staatsanleihen jäh den Garaus bereitet.

In einer ruhigeren Marktphase hätten die Beschlüsse kaum so eine verheerende Wirkung entfaltet. So aber platzte die Bombe – und machte die zaghafte Kurserholung nicht nur zunichte, sondern ließ die Märkte binnen kürzester Zeit um 180 Grad drehen. Die Gründe für das neue Vierjahrestief des Euro, den Renditerutsch bei Bundesanleihen und die Kursverluste an den Aktienmärkten rund um den Globus sind in der Tat weniger die erwarteten direkten Auswirkungen der Berliner Beschlüsse. Die sind begrenzt, so lange nicht die Mehrzahl der anderen Staaten, insbesondere der USA und Großbritannien, mitmachen. Es sind andere Punkte, die die Anleger irritieren:

Erstens, dass die Bundesregierung ohne Absprache mit den übrigen EU-Staaten und der EU-Kommission gehandelt hat. Das deutet nach Ansicht von Experten darauf hin, dass Deutschland von den anderen Mitgliedsländern wegdriftet.

Zweitens gilt der Berliner Beschluss als Vorbote weiterer internationaler Regulierungen – da aber niemand weiß, welcher, verkaufen Anleger vorsichtshalber Investments, die betroffen sein könnten.

Drittens sehen die Anleger in Merkels Schritt einen weiteren Beleg dafür, dass die Kanzlerin den Finanzmärkten den Krieg erklärt hat und die Verantwortung für die Schuldenkrise von der Politik weg und hin zu den Märkten schieben will. Doch das ist ein gefährlicher Kampf. Denn es sind schließlich die institutionellen Anleger, die die riesigen Löcher in den Staatshaushalten finanzieren sollen. Wenn die aber gebrandmarkt werden und zudem ihrem wichtigen Versicherungsinstrument CDS Liquidität entzogen wird, investieren sie noch zögerlicher als bisher in risikoreiche Papieren – beispielsweise Anleihen Portugals, Spaniens oder Italiens. Hinzu kommt das fatale Signal, dass die Politik lieber populäre Maßnahmen gegen Spekulanten ergreift, als die Probleme an der Wurzel zu packen, sprich die Staatsdefizite zu begrenzen, die Unabhängigkeit der EZB wiederherzustellen und die wirtschaftlichen Kräfteunterschiede und Spannungen innerhalb der EU zu bekämpfen.

Dies alles wird zweifellos dafür sorgen, dass die sich noch zu Wochenbeginn anbahnende Stabilisierung der Märkte (die im übrigen aus Sicht der Charttechnik längst überfällig ist) zumindest verzögert. Und wenn die Berliner Koalition noch ein paar Timing-Mißgriffe mehr begeht, ist gar eine neue Abwärtsspirale keineswegs ausgeschlossen.

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