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Freitagsfrage: Wann kommt die Finanztransaktionssteuer?

Eigentlich wollen elf der 28 EU-Staaten schon lange eine gemeinsame Finanztransaktionssteuer (FTS) einführen – aber die Einigung und Umsetzung zieht sich immer weiter hin. Wie ist der Stand der Dinge? Wann kommt die ungeliebte Abgabe, die auch Privatanleger hart treffen könnte?

Zur Jahreswende war nach langer Pause wieder Bewegung in den politischen Prozess gekommen. Die EU-Finanzminister hatten Österreichs Ressortchef Hans Jörg Schelling mit der Koordination beauftragt, nachdem es ihm gelungen war, Frankreich wieder zurück ins Boot der FTS-Willigen zu bringen. Schelling wollte schon im Februar eine entscheidungsfähige Vorlage präsentieren – aber sein Optimismus war unbegründet. Die unterschiedlichen Positionen der Elf zusammenzufügen, dauert viel länger als er gedacht hatte. Nun will er Ende Mai eine Entscheidungsgrundlage abliefern. Und dann soll alles so schnell gehen, dass die erste Stufe der FTS 2016 und die zweite 2017 in Kraft treten soll.

Die erste Stufe soll dabei nur Aktien umfassen, wobei noch unklar ist, in welcher Höhe die Besteuerung stattfinden soll. Geplant ist, die Sätze unterhalb der 0,1 % anzusetzen, die von der EU-Kommission ursprünglich vorgehen war, dafür aber neben Aktien möglichst viele Produkte zu erfassen, damit die Gesamteinnahmen nicht geringer ausfallen. Soweit scheinen sich die elf Staaten weitgehend einig zu sein.

Streit gibt es aber darüber, was noch der FTS unterworfen werden soll. Klar ist, dass ab 2017 Derivate besteuert werden sollen – aber noch lange nicht klar ist, welche genau und zu welchem Steuersatz. Er soll jedenfalls unterhalb der anfangs geplanten 0,01 % liegen. Ungeklärt ist auch, wie es bei Anleihen aussieht und ob sie überhaupt besteuert werden sollen. Auch bei Devisen herrscht wenig Einigkeit. Spot-Geschäfte sollen befreit werden, aber wie und wo Termingeschäfte erfasst werden, weiß noch niemand.

Ebenfalls unklar ist, wie die Einnahmen generell auf die einzelnen Länder verteilt werden sollen. Ganz zu schweigen von der Gretchenfrage für alle Privatanleger, die letztlich die FTS voll tragen müssten, weil sie von den Banken analog zu einer Umsatzsteuer 1zu1 weiterbelastet würde – so wie das Frankreich und Italien, die isoliert eine FTS auf Aktien eingeführt haben, praktizieren. Hier steht die Forderung im Raum, Privatanleger ganz zu befreien oder als Gegenleistung die Sparefreibeträge zu erhöhen.

Angesichts der Fülle ungelöster Fragen zweifelt inzwischen sogar Österreichs Finanzminister daran, ob er den geplanten Termin in zwei Monaten einhalten kann. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat sich zuletzt skeptisch geäußert. Und sein Staatssekretär Michael Meister hat gar vorgerechnet, dass die FTS erst drei Jahre nach Inkrafttreten wirklich greifen könne, weil die organisatorischen und technischen Voraussetzungen erst dann gegeben seien. Das würde bedeuten, dass die FTS nicht vor 2019 erhoben werden könnte. Und dass die bis zu 45 Milliarden Euro jährlich, die das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW jüngst in einem Gutachten für die SPD an Einnahmen allein für Deutschland errechnet hat, noch lange in den Sternen stehen.

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