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Die Inflation erhöht die Rechnung
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Ein wichtiger Inflations-Impuls bleibt trotz Rezession

Sogar das Wirtschaftsministerium gibt es nun offiziell bekannt: Deutschland steckt noch tiefer in der Rezession als zunächst vermutet. Dennoch hält sich die Inflation weiter zäh. Zuletzt wurde für September 2023 zwar ein deutlich niedrigerer Wert gemeldet als die Monate zuvor: 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat nach zwei Monaten (Juli und August), in denen diese Rate bei über sechs Prozent gelegen war. Niedrig oder befriedigend ist das allerdings nicht. Die Zentralbanken bleiben in Zugzwang und die Börsen alarmiert. Zumal die Kämpfe in Israel und dem Gazastreifen neue Ängste vor steigenden Ölpreisen schüren.

Doch wie passt das zusammen: Rezession und Inflation? Um einzuschätzen, wie lange uns das Thema Preis- und Zinssteigerungen noch begleiten kann, lohnt ein Blick in die Lehrbücher und eine genauere Analyse zu den Inflations-Impulsen.

Es gibt mehrere Wege, wie die Verbraucherpreise – und daran wird die Inflationsrate gemessen – ansteigen können:

Möglicher Inflations-Impuls 1: Nachfrageboom

Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage übersteigt das Angebot. Das passiert meist bei einem klassischen Ende eines Konjunkturzyklus. Die Kapazitäten einer Volkswirtschaft sind nach einem Aufschwung ausgereizt – mehr Güter zu produzieren geht also nicht. Die Einkommen steigen aber weiter, sodass die Nachfrage das Angebot übersteigt. Unternehmen können daher höhere Preise durchsetzen.

Möglicher Inflations-Impuls 2: Steigende Kosten für Unternehmen

Oder die Kosten für die Produktion steigen bei gleichbleibender Nachfrage, sodass Unternehmen und Handel die Preise erhöhen müssen, um profitabel zu wirtschaften. Solche induzierten Preissteigerungen können von verschiedenen Faktoren ausgehen: Zum Beispiel einer Steigerung von Rohstoffpreisen, besonders Energiepreisen, oder einer Wechselkursverschiebung, die importierte Vorprodukte verteuert.

Möglicher Inflations-Impuls 3: Staatliche Maßnahmen

Auch staatliche Eingriffe können Kosten für Unternehmen oder die Preise direkt erhöhen. Etwa eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder die Einführung anderer Abgaben – wie zum Beispiel der CO2-Abgabe.

Möglicher Inflations-Impuls 4: Angebotsverknappung

Eine weitere Möglichkeit ist die Angebotsverknappung. Eine weitgehend gleichbleibende Nachfrage (oder eine leicht schrumpfende) trifft auf ein stark zurückgehendes Güterangebot. Diese Variante der Inflation existierte lange Zeit nur in den volkswirtschaftlichen Lehrbüchern – zumindest gesamtwirtschaftlich. Der Globalisierung sei Dank: Das Angebot an Gütern (und Produktionsmitteln) schien unendlich. Was immer ein Kunde oder ein Unternehmen brauchte – irgendwo auf der Welt war es zeitnah zu bekommen und wurde dann einfach quer über den Globus herbeigeschafft. Das hat sich geändert: Erst verknappte die Corona-Krise das Angebot. Später führte der Ukrainekrieg zu Engpässen bei einigen Grundnahrungsmitteln wie Weizen oder Sonnenblumenkernen und vor allem bei Energie und Gas aus Russland. Zudem sorgte die Null-Covid-Politik Chinas mit umfangreichen Lockdowns für ernsthafte Lieferengpässe bei vielen Vorprodukten und fertigen Gütern. Zwar sind einige der Engpässe inzwischen beseitigt, gerade im Energiesektor bleibt die Lage aber angespannt.

Möglicher Inflations-Impuls 5: Geldschwemme

Möglich ist auch eine Inflation bei weitgehend gleichbleibender Nachfrage und gleichbleibendem Angebot – durch eine Erhöhung der Geldmenge. Anschaulich wird das an einem Beispiel aus den 20er-Jahren des 14. Jahrhunderts. Damals hatten der zu seiner Zeit reichste Mann der Welt, Mansa Musa, und sein Gefolge auf einer Pilgerfahrt nach Mekka auf der Durchreise in Ägypten so viel Gold ausgegeben, dass es dort zu einer Hyperinflation kam. Die Märkte in Kairo erholten sich erst nach zwölf Jahren wieder.

Das Problem bleiben die Kosten für Unternehmen

Seit der Zinswende und angesichts der aktuellen Rezession sind die Impulse 1 (zu viel Nachfrage) und 5 (zu viel Geld) weitgehend beseitigt, auch in Sachen Impuls 3 (Staatliche Maßnahmen) hat der Wind gedreht. Statt neuer Belastungen legte die Regierung umfangreiche Entlastungspakete vor allem im Energiesektor auf. Impuls 4 (Angebotsverknappung) hat sich in einigen Bereichen zwar entspannt. Im Energiesektor ganz besonders in Deutschland bleibt die Lage aber ungemütlich. Und das befeuert weiter den wichtigsten Antreiber der Inflation: die Kosten für Unternehmen. Die sind nun sogar zusätzlich unter Druck, denn der Arbeitskräftemangel hat einen weiteren wichtigen Kostenfaktor verschärft hat: Viele Gewerkschaften konnten deutliche Lohnerhöhungen durchsetzen, Löhne und Gehälter sind spürbar gestiegen.

Und das ist für die Börse gleich eine doppelt schlechte Nachricht. Erstens wird die Inflation so schnell nicht ganz verschwinden. Ein Kehrtwende in der Zinspolitik ist also trotz deutscher Rezession für die Europäische Zentralbank nicht machbar. Und zudem ist es für Unternehmen und Aktienmärkte durchaus relevant, woher die Inflation rührt. Eine nachfrageinduzierte Inflation wäre theoretisch zumindest für eine Weile eine schöne Lage für Unternehmen. Weil sie höhere Preise durchsetzen können, verdienen sie zunächst gut. Erst wenn die Zentralbanken eingreifen und die Zinsen erhöhen oder der steigende Bedarf an Produktionsmitteln zum Beispiel zu deutlichen Lohnerhöhungen führt, dreht die Lage.

Kosteninduzierte Inflation ist dagegen schwieriger für Unternehmen: Sie müssen ihre steigenden Aufwände als Preiserhöhungen im Markt durchsetzen, und das gelingt nicht immer – vor allem nicht in einer schwachen konjunkturellen Lage.

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