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Wertpapier-KESt in Österreich – ein Bärendienst für Privatanleger

Felix Austria – das war einmal. Ich erinnere mich noch gut daran, dass deutsche Privatanleger vor dem Start der deutschen Abgeltungssteuer anno 2009 sehnsüchtig nach Österreich blickten, da es dort weiterhin steuerfreie Kursgewinne auf Aktien geben durfte nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist. Doch das ist seit Jahresbeginn 2011 nicht nur vorbei – die Regelung in Österreich ist auch erheblich unausgegorener als in Deutschland – mit ärgerlichen Folgen für Privatanleger.

Der Knackpunkt: Das Budgetbegleitgesetz 2011, das kurz vor Weihnachten den österreichischen Nationalrat passierte, sieht vor, dass bei realisierten Kursgewinnen zum Beispiel auf Aktien ab 1. Oktober sofort 25 Prozent Wertpapier-KESt (Kapitalertragsteuer) anfallen. Verluste mit Wertpapieren dürfen sich Anleger dagegen erst Monate später mühevoll über die eigene Steuererklärung zurückholen.

Gegenüber der Lage in Deutschland ist das ein gravierender Nachteil: Denn hierzulande sind die Banken und Broker verpflichtet, nach jedem Trade mit Wertpapieren, die seit 2009 erworben wurden, eine Steuerverprobung vorzunehmen, wie es so schön bürokratisch heißt. Im Klartext: Folgt auf einen Gewinntrade mit Aktien ein Verlusttrade mit Aktien, wird dem Anleger in seinem Aktien-Verlustverrechungstopf das sofort gut geschrieben. Gegebenenfalls bekommt er sogar sofort wieder Steuern zurückerstattet.

Klar, in Deutschland ist die Verlustverrechnung auch sehr kompliziert, weil Geschäfte mit Aktien steuerlich separat von Anleihen, Fonds und Co. behandelt werden. Aber: In Österreich hat der Anleger nun bei Verlusten ein gravierendes Liquiditätsproblem. Für Kursgewinne zahlt er sofort Steuern, bei Verlusten muss er bis zur Steuererklärung auf eine Erstattung warten. Da ist gerade für Anleger, die sehr aktiv sind, ein gewaltiger Nachteil, denn keiner darf sich schließlich so glücklich schätzen, mit jedem Trade Gewinn zu machen.

Und es kommen in Österreich noch zwei ärgerliche Dinge hinzu: Erstens können Verluste aus Kursgewinnen nicht mit Zinserträgen aus Geldeinlagen verrechnet werden. In Deutschland ist die Regelung weniger starr: Hierzulande ist es erlaubt, etwa Erträge aus Fonds mit Zinseinnahmen zu verrechnen. Und zweitens: In Österreich ist derzeit ein Verlustvortrag aufs Folgejahr nicht vorgesehen. Wenn man dann in der Steuererklärung nichts zum Ausgleichen hat, hat man halt Pech gehabt. In Deutschland dagegen laufen die Verlustverrechnungstöpfe im Folgejahr weiter, sofern man nichts anderes bei seiner Bank beantragt.

Allein diese Punkte sind aus meiner Sicht so gravierend, dass ich mich nicht wundern würde, wenn speziell die aktiveren österreichischen Wertpapieranleger nun in Scharen Depots zum Beispiel bei deutschen Onlinebrokern eröffnen. Denn hier müssten sie unterjährig weder deutsche Abgeltungssteuer zahlen noch österreichischen Wertpapier-KESt, sondern können dann in ihrer Steuererklärung eben in aller Ruhe auch ihre Kapitalerträge angeben, ohne unterjährig Liquidität aus der Tasche gezogen zu bekommen. Auf jeden Fall drängt sich bei ausländischen Beobachtern der Eindruck auf, dass der österreichische Nationalrat nicht gut beraten war, eine so unausgegorene Wertpapier-KESt durchzuwinken. Den heimischen Privatanlegern und womöglich auch den eigenen Banken hat er damit einen Bärendienst erwiesen.

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