Wenn Janet Yellen morgen das Ergebnis der US-Notenbanksitzung bekannt gibt, könnte es an den Anleihenmärkten durchaus zu einem Kursrutsch kommen – falls sie die Geldflut schneller ablaufen lässt als es die Finanzmärkte erwarten.
Notenbanker und andere Zinsexperten haben es immer wieder betont: Die große Kunst war es nicht, nach der Finanzkrise ab 2008 genügend Geld in das Bankensystem zu pumpen, sondern wird es sein, die enormen Beträge wieder einzusammeln. Manche haben es das größte Experiment der Geldgeschichte genannt, weil die Notenbanken völliges Neuland betreten.
Nun aber soll dieses Experiment beginnen, denn die Fed will morgen den Fahrplan für den Abbau ihrer gewaltigen Anleihenberge bekannt geben. Für fast 4,5 Billionen Dollar hat die Fed Anleihen gekauft, und das Ziel ist es, wie die Märkte annehmen, das Volumen mittelfristig auf rund drei Billionen zu reduzieren. Das soll, auch das ist weitgehend Marktkonsens, zunächst mit zehn Milliarden Dollar Abbau monatlich losgehen und dann von Quartal zu Quartal um weitere 10 Milliarden auf bis zu 50 Milliarden Dollar pro Monat steigen.
Soweit sind sich die Marktakteure ziemlich einig. Falls Frau Yellen jedoch das Volumen stärker und schneller abbaut, dürften die Bondmärkte mit kräftigen Kursverlusten reagieren, weil dann die Renditen deutlicher als bereits in den letzten Tagen klettern würden. Unklar ist auch, ob die Fed vorrangig kurzlaufende Anleihen, die ohnehin auslaufen, nicht ersetzt oder ob die Verkäufe quer über alle Laufzeiten gehen. Falls nur Kurzläufer abgebaut werden, würde das den Bondmarkt zunächst nicht so stark tangieren, da am langen Laufzeitende kein Angebotsdruck aufgebaut würde. Die Renditen könnten dann zwar steigen, aber nur geringfügig.
Anders sieht es aus, wenn auch Langläufer von der Fed verkauft werden. Dann käme zusätzliches Angebot auf den Markt und würde die Renditen wohl stärker in die Höhe und die Anleihenkurse damit kräftiger in die Tiefe treiben. Das würde dann auch auf die europäischen Anleihen überschwappen: Der Bund-Future, der sich tapfer über der Marke von 160 Punkten hält, könnte dann unter den psychologisch und charttechnisch wichtigen Bereich 159 bis 160 Punkte abrutschen und Raum für noch größere Verluste schaffen.
Welche Alternativen sind am wahrscheinlichsten? Eher die sanfte Tour, also ein Abbau im erwarteten Tempo und eine Konzentration auf kurzlaufende Anleihen. Denn Frau Yellen hat bisher im Zweifelsfall stets Richtung Vorsicht agiert, um die Anleger ja nicht zu verschrecken und Marktturbulenzen zu vermeiden. Allerdings ist auch klar, dass die Inflationsraten allmählich weltweit wieder anziehen, und mit der kräftigen Erholung des Ölpreises und der Rohstoffnotierungen dürfte sich diese Bewegung beschleunigen. In den USA lag die Teuerungsrate im August mit 1,9 Prozent bereits nahe an an der Ziel-Inflation von zwei Prozent. Als Hüterin der Preisstabilität darf die Fed deshalb nicht zu lange das Gaspedal durchdrücken, sondern muss frühzeitig bremsbereit sein. Ob dieser Punkt für Janet Yellen schon erreicht ist, das wissen wir wohl erst nach der Fed-Sitzung, wenn sie ihre Pressekonferenz abhält.
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