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Nur ein kleiner Zinsschritt für Europa – aber größere folgen nach

Bei Zinsentscheidungen ist es inzwischen wie bei den Quartalszahlen der großen Konzerne: sie weichen höchstens in Details von den Mehrheitsprognosen ab. Hier wie dort liegt die Spannung in den Aussagen über die künftige Entwicklung. Entsprechend war die erste Zinserhöhung der EZB seit drei Jahren für niemanden eine Überraschung – das Interesse galt mehr dem anschließenden Statement von Jean Claude Trichet. Es enthält erste Fingerzeige über die weiteren Schritte.

Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte 57 Experten zu Ihrer Zinsprognose befragt – und alle lagen sie mit ihrer Annahme einer viertelprozentigen Anhebung des EZB-Leitzinses auf 1,25 Prozent richtig. Wie aber geht es weiter? Klar ist, dass auch ein Satz von 1,25 Prozent bei einer Inflationsrate von zurzeit 2,6 Prozent im Euroraum immer noch extrem niedrig ist. Und auch dem Wirtschaftswachstum der starken Staaten rund um Deutschland mit zwei bis drei Prozent ist dieser Zins nicht angemessen.

Aber da gibt es ja noch die Krisenländer, die trotz schwacher Konjunktur, viel zu hoher Verschuldung und staatlichen Sparprogrammen mit dem gleichen Leitzins leben müssen. Ich halte allerdings die Angst, die Zinswende könne Griechenland, Irland und Portugal überfordern, für stark übertrieben. Wären diese Staaten nicht im Euro-Verbund, hätten sie schon lange ihre Leitzinsen auf ein Vielfaches der jetzigen 1,25 Prozent anheben müssen, um den Kapitalabfluss zu stoppen. Die extremen Risikoaufschläge für die Staatsanleihen dieser Länder signalisieren dies überdeutlich. Die Rücksicht auf die Problemländer dürfte die EZB deshalb zwar in ihren Zinserhöhungen bremsen, aber nicht besonders stark. Realistisch ist wohl, dass der Leitzins Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres bei etwa zwei Prozent ankommen wird.

Als Konjunkturbremse wird so eine Zinsnormalisierung nur in sehr engen Grenzen dienen. Die größere Gefahr geht vom indirekten Effekt über die Wechselkurse aus. Da die US-Notenbank inzwischen wieder zurückgerudert ist und wohl trotz höchst unterschiedlicher Meinungen im Entscheidungsgremium doch nicht so schnell wie einige Tage lang erwartet die Zinswende starten dürfte, könnte der Aufwertungsdruck auf den Euro vorübergehend so stark werden, dass die florierenden Exporte darunter leiden könnten. Fast noch wichtiger als die Aktionen der EZB werden deshalb in nächster Zeit die Andeutungen seitens der US-Währungshüter sein. Erst wenn Amerikas Konjunktur so robust ist, dass der Arbeitsmarkt weiter Fahrt aufnimmt (wofür vieles spricht) und Notenbankchef Ben Bernanke in den Chor derer einstimmt, die eine Normalisierung befürworten, dürfte der Aufwärtsdruck auf den Euro entscheidend nachlassen.

Die Nagelprobe für die EZB, aber auch für die Notenbanken der Schwellenländer rund um China, wird sein, ob sie mit höheren Leitzinsen und generell kontraktiverer Geldpolitik den rasanten Preisanstieg an den Rohstoffmärkten bremsen können. Denn er ist die Quelle fast aller Inflationssorgen weltweit.  Geht er in dem Tempo der letzten zwei Jahre weiter, ist es durchaus denkbar, dass dann die Währungshüter viel schwerere Geschütze als bisher angenommen auffahren werden und dass dann auch die Amerikaner unerwartet stark auf die Bremse treten müssen. Und dann würde die Zinswende zu einer ernsten Gefahr für die Euroländer, die gesamte Weltwirtschaft – und damit auch für die Aktienmärkte.

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