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Great Rotation: Anleger schichten in europäische Aktien um

Seit einigen Wochen sind die amerikanischen Wirtschaftsmedien voll von Artikeln über die „Great Rotation“ aus amerikanischen in europäische Aktien. Die Kursentwicklung der letzten Tage unterstützt diese These – aber warum sollten die Anleger jetzt plötzlich das lange verpönte Europa entdecken?

Fast das gesamte Jahr 2016 über haben die internationalen Großanleger viel mehr europäische Aktien verkauft als gekauft, während sie massiv an der US-Börse eingestiegen sind. Aktienfonds mit europäischer Ausrichtung mussten stolze 113 Milliarden Dollar an Netto-Abflüssen verschmerzen. Seit Februar dieses Jahres aber gewinnen Europas Börsen fast Woche für Woche neue Freunde, vor allem aus den USA. In der vorletzten März-Woche investierten Fondsanleger rund 1,5 Milliarden Dollar in europäische Aktien – so viel wie seit langem nicht mehr –  und zogen knapp zwei Milliarden aus amerikanischen Aktien ab.

Angesichts solcher noch relativ kleiner Zahlen schon von „Great Rotation“ zu sprechen, ist zwar mutig – aber im Vergleich zu den riesigen Abflüssen 2016 ist der Umschwung beachtlich. Und da immer mehr amerikanische, aber auch europäische Investmentbanken dazu raten, die Gewichtung von US-Aktien im Depot zu verringern und stattdessen Europa aufzustocken, dürfte diese Bewegung hin zum Alten Kontinent erst am Anfang stehen.

Handfeste Gründe für eine Bevorzugung von europäischen Aktien gegenüber US-Werten gibt es einige:
1. sind europäische Aktien gemessen am KGV für 2017 um 15 bis 20 % niedriger bewertet als ihre US-Konkurrenten. So groß war der Abstand selten.
2. bieten europäische Aktien im Durchschnitt rund 3 % Dividendenrendite, amerikanische nicht einmal 2 %.
3. gewinnt die europäische Konjunktur, die seit der Staatsschuldenkrise in einem Wachstumsloch gesteckt hatte, stärker an Fahrt als die amerikanische. Das zeigt auch der gestern veröffentlichte endgültige Einkaufsmanagerindex für März, der im Euroraum ein 71-Monats-Hoch markierte, in den USA aber – von hohem Niveau aus – zurückfiel. Das bedeutet aber auch, dass die Dynamik der Unternehmensgewinne, die für die Kursentwicklung entscheidend ist, in Europa positiver überraschen dürfte als in den USA.
4. nimmt die Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik Trumps zu, da noch zu wenige Fakten bekannt sind. Dagegen ist die Unsicherheit über den Wahlausgang in Frankreich zuletzt gewichen, weil die meisten Umfragen kaum Chancen für eine Präsidentin Le Pen sehen. Das politische Risiko der europäischen Börsen verringert sich deshalb tendenziell, während das amerikanische steigt – und das lockt Gelder an, die aus Furcht vor den französischen Wahlen und einem möglichen Euro-Austritt Frankreichs bisher zurückgehalten wurden.

Eine Wende in den weltweiten Mittelzuflüssen bei den Investmentfonds hin zu Europa ist also durchaus gerechtfertigt. Und das lässt, ebenso wie die günstigen Wirtschaftsdaten der letzten Monate erwarten, dass die Hausse von DAX, EuroStoxx und Co. noch eine Weile anhalten wird. Auch wenn nach den Kurssteigerungen der vergangenen Monate vorübergehende Rückschläge nicht außergewöhnlich wären.

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