Es ist kaum zu glauben: Erst vor kurzem wurde das ETF-Geschäft der Anbieter Comstage und Lyxor endgültig zusammengelegt. Jetzt soll es komplett verkauft werden, meldete kürzlich die Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf Branchen-Insider beruft. Ganz unabhängig, ob es dazu kommt oder nicht, eine Fusion oder Übernahme von ETF-Anbietern gibt es immer mal wieder. Für Anleger kann das finanzielle und steuerliche Folgen haben. Ein Risiko, das Anleger bereits beim ETF-Kauf reduzieren können. Ein Blick auf die wichtigsten Fragen zum Thema und wie Anleger mit Lyxor- und Comstage-ETF verfahren sollten.
Fusion von ETF-Anbietern: Formale Änderungen
Fusionen oder Übernahmen von Kapitalanlagegesellschaften – so werden Fonds- und ETF-Anbieter offiziell genannt – gibt es gelegentlich. Und sie tangieren die jeweiligen Besitzer von Fonds und ETFs. Die Bezeichnungen verwenden wir hier synonym, da Fonds und ETF den selben rechtlichen Vorschriften unterliegen. Häufig kommt es zu folgenden Änderungen:
1. Neuer Name: Eine Fusion von ETF ist keine Gefahr für das Geld
Kein großes Thema ist es für Anleger, wenn sich nach einer Fusion von ETF-Anbietern nur der Anbieter und der Name des Fonds ändert. Denn das in ETF investierte Geld wird als Sondervermögen verwahrt und unterliegt strengen gesetzlichen Anforderungen. Daher müssen sich ETF-Anleger auch bei einem Anbieterwechsel keine Sorgen um die Sicherheit ihres Geldes machen.
2. Konditionen: Gebühren können steigen oder fallen
Eine Fusion oder die Übernahme eines ETF-Anbieters kann sich auf die Gebühren eines ETF auswirken. Denn viele ETF-Häuser haben ein ähnliches Angebot an marktbreiten ETF auf Standardindizes, wie zum Beispiel auf den MSCI World, Euro Stoxx oder DAX. Daher ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass nach einer Fusion von ETF-Anbietern auch ETFs auf einen Index mit ähnlichen Ausstattungsmerkmalen zusammengelegt werden. Da die ETF von zwei Anbietern häufig unterschiedlich hohe Verwaltungsgebühren ausweisen, sind Anpassungen vorprogrammiert. Das gilt nach oben wie nach unten, sprich die jährlichen Verwaltungsgebühren können steigen oder fallen. In der Praxis gilt: Sind die Gebühren des aufnehmenden ETF höher, steigen sie beim aufzunehmenden ETF. Das Prinzip gilt natürlich auch, wenn die Gebühren niedriger sind.
3. Nachbildung: Umstellung der Replikationsmethodik bei ETF-Fusionen ist möglich
ETF können auf unterschiedliche Art und Weise nachgebildet werden. Entweder kauft der ETF-Anbieter die Aktien eines Index direkt (replizierend) oder stellt die Performance über Swap-Kontrakte (synthetisch) sicher. Mehr zu den Feinheiten lesen Sie hier. Werden nun zum Beispiel nach einer Fusion von ETF-Anbietern zwei ETFs auf den DAX zusammengelegt, von denen einer swapbasiert ist und der andere voll replizierend, muss sich die Gesellschaft für eine Variante entscheiden. Das heißt, ein swapbasierter ETF wird dann zu einem replizierenden ETF und vice versa.
Anbieter können ETF und Fonds auflösen
Es muss nicht zwingend eine Fusion oder Übernahme sein, ETF oder Fonds können auch so aufgelöst werden. Denn Fondsanbieter prüfen immer wieder, ob ihr Produktangebot noch zeitgemäß ist, zum Gesamtangebot passt und sich die einzelnen Papiere lohnen. Gründe für die Auflösung eines Fonds gibt es viele, der häufigste ist jedoch die Rentabilität. Sammelt ein ETF innerhalb der ersten Jahre wenig Geld ein, nehmen ihn die Anbieter oft wieder vom Markt. Bei einem Zusammenschluss von ETF-Häusern oder Fondsanbieteren ist dieser Druck besonders hoch.
Meist nennen es die Fondsgesellschaften „Bereinigung der Produktpalette“, wenn sie dem Anleger mitteilen, warum sie einen ETF auflösen. Werden die Investoren nicht aktiv, erhalten sie den Wert des Fonds zum Zeitpunkt der Auflösung auf ihr Konto ausbezahlt. Kursgewinne sind dann steuerpflichtig. Den Zeitpunkt können Anleger kaum beeinflussen, sie können allenfalls den ETF vorzeitig über die Börse verkaufen. Dafür, und auch für den Neuerwerb eines anderen Papiers, fallen aber Gebühren an. Diese Kosten sowie der Zeitpunkt der Besteuerung sind daher ein klarer Nachteil für Anleger.
So schützen sich Anleger vor der Auflösung eines ETF
Um es gleich vorweg zu sagen: Einen 100prozentigen Schutz vor der Auflösung eines ETF oder Fonds gibt es nicht! Doch die Wahrscheinlichkeit sinkt, wenn der Fonds viel Geld verwaltet. Je mehr, desto besser. Als grobe Richtgröße gilt: Ein ETF muss mindestens 50 bis 100 Millionen Euro verwalten, damit er sich für den Anbieter lohnt. Wer also darauf achtet, dass ein ETF mehr als 100 Millionen Euro „Assets under Management (AuM)“ aufweist, reduziert das Risiko einer Auflösung. Die Information, wieviel Geld in einem ETF investiert ist, finden Anleger auf den Internetseiten der Anbieter oder zum Beispiel bei der Ratingagentur Morningstar oder der Börse Frankfurt.
Fusion von ETF hat teilweise negative Auswirkungen auf die Besteuerung
Werden zwei Fonds zusammengelegt, kann das steuerliche Folgen haben – muss es aber nicht. Das ist abhängig davon, ob die beiden Fonds im selben Land aufgelegt wurden. Ob dies der Fall ist, erkennt man an den ersten beiden Buchstaben der Isin. Beginnt die Isin beider ETF mit DE, wurden die ETF in Deutschland aufgelegt. Die Zusammenlegung der Fonds ist dann steuerneutral und bedeutet keine steuerliche Änderung auf Anlegerseite. Es wird zwar der alte ETF ausgebucht und ein neuer mit einer anderen Isin eingebucht. Steuerlich wird dies aber wie die Fortführung des alten Bestands betrachtet.
Wurde ein ETF jedoch in einem Land und der andere in einem anderen aufgelegt, spricht man von grenzüberschreitenden Verschmelzungen. In diesem Fall gilt der eine ETF in der steuerlichen Betrachtung als verkauft und der andere als Neuanschaffung. Gewinne werden somit zu einem Zeitpunkt steuerpflichtig, den der Anleger nicht beeinflussen kann.
Lyxor – die Gerüchteküche brodelt
Aktuell machen viele Gerüchte die Runde, wer das Geschäft von Lyxor übernehmen könnte. Doch sowohl ein möglicher Verkauf von Lyxor als auch die Namen potenzieller Interessenten sind Spekulation. Als Interessenten werden in Branchenkreisen der größte französische Vermögensverwalter Amundi oder die deutsche Fondsgesellschaft DWS gehandelt.
Was tun mit ETF oder einem Sparplan auf Lyxor- oder Comstage-ETF?
Abwarten heißt das Gebot der Stunde für die Besitzer von Lyxor- und Comstage-ETF. Sie sollten im Hinterkopf behalten, dass es für einen Käufer des Geschäfts ist es wichtig, die bisherigen Investoren zu behalten und sie nicht zu verärgern. Denn die Anleger haben eine breite Auswahl, sie können ihr Geld jederzeit bei einem anderen Anbieter anlegen.
Wer jetzt jedoch ETF kaufen will, kann die Folgen einer möglichen Fusion umgehen, wenn er zu den Papieren anderer Anbieter greift – und dabei möglichst die 100 Millionen-Regel beachtet. Wer dagegen bereits einen Sparplan auf ein Papier von Lyxor oder Comstage hat, sollte diesen einfach weiterhin besparen. Ist erst mal klar, ob sich die Gerüchte bewahrheiten und ob sich für den betreffenden ETF etwas zum Negativen verändert, können Anleger immer noch reagieren.
Voreilige Reaktionen sind daher nicht empfehlenswert, manchmal lösen sich die Sorgen in Wohlgefallen auf. Denn auch der Käufer eines ETF-Anbieters will das Geld der Investoren weiter verwalten. Daher wird er versuchen, eine Fusion möglichst schonend für die Anleger durchzuziehen. Lyxor und Comstage hatten zum Beispiel rund 50 ETF zusammengelegt, jedoch nur ETF innerhalb eines Landes verschmolzen, also steuerneutral.
Foto: davidvives90/pixabay
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