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Die Freitagsfrage: Wer wird Nachfolger Trichets als EZB-Chef?

Für manche ist es nur eine banale Personalie, aber für die Wirtschaft und vor allem für die Finanzmärkte zählt die Entscheidung über die Nachfolge Jean-Claude Trichets als EZB-Chef zu den wichtigsten Weichenstellungen des Jahres.

Eines galt lange als sicher: Der Neue kann und darf angesichts der Riesenprobleme von EWU, EZB und Euro nur aus einem Land kommen, das zumindest in Europa als Stabilitätsvorbild gilt. Und da ist die Auswahl nicht groß: Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Österreich und Finnland. Da Holland mit Wim Duisenberg und Frankreich mit Trichet bereits an der Reihe waren, bleiben also nur drei Staaten übrig. Und da ragt Deutschland aufgrund seiner Größe und Wirtschaftsmacht heraus. Deshalb schien klar, dass Bundesbankpräsident Axel Weber im Frühjahr – vermutlich auf dem EU-Gipfel Ende Juni – zum Nachfolger des im Oktober ausscheidenden Trichet auf den Schild gehoben wird.

Aber so eindeutig ist die Lage nicht mehr. Denn Weber hat sich mit seinem Widerstand gegen den „Sündenfall“ der EZB, Staatsanleihen maroder Mitglieder zu aufzukaufen, den Zorn der Südländer zugezogen, ohne deren Einwilligung nichts geht. Deshalb wuchern fast täglich neue Spekulationen. Plötzlich war der Italiener Mario Draghi der Topfavorit. Aber es ist kaum vorstellbar, dass Deutschland, Österreich und Co. einen Kandidaten aus Italien akzeptieren würde, dem zudem noch der „Makel“ eines ehemaligen Goldman-Sachs-Bankers anhaftet. Wenn die Fronten hart aufeinanderprallen, ist oft ein Kompromißkandidat angesagt. Da wird über den Finnen Erkki Liikanen und den Österreicher Ewald Nowotny spekuliert, aber auch über den EZB-Chefvolkswirt und ehemaligen Bundesbank-Vize Jürgen Stark. Wenn schon ein Deutscher, meinen anscheinend die PIIGS-Staaten, dann wenigstens nicht der Hardliner Axel Weber. Obwohl Stark nicht viel anders denkt, aber vielleicht diplomatischer handelt.

Es bleibt deshalb spannend. Wobei Kanzlerin Merkel als Hauptzahlmeisterin des Projekts Europa ihr Gesicht verlieren würde, falls sie darauf verzichtet, einen Deutschen als obersten Währungshüter durchzudrücken. Nur das könnte das Unbehagen im Lande mildern und das Vertrauen in die EU und den Euro etwas stärken. Vertrauen aber ist gerade das, was der neue EZB-Chef zurückerobern muss. Er muss entscheiden, wie und wann der Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik abläuft und wie lange die EZB noch Staatsanleihen kauft. Von diesen Weichenstellungen hängt es ab, ob die langsam sich entwickelnden höheren Inflationserwartungen in Bereiche vorrücken, die für die Wirtschafts- und Börsenentwicklung gefährlich werden.

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