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Bernanke-Twist soll die Rezession wegtanzen

Der jüngste Absturz der Renditen für amerikanische und deutsche Staatsanleihen unter die Zwei-Prozent-Marke ist ein klarer Hinweis darauf, wie Ben Bernanke und seine Notenbanker die Rezession in den USA doch noch vermeiden wollen: Mit der Operation Twist soll die US-Konjunktur wieder das Tanzen lernen. Und mit ihr auch die Finanzmärkte.

In den 1960er Jahren war der Twist ein beliebter Modetanz. Nach dessen abrupten Wechselbewegungen wird das benannt, was die Fed in ihrer Sitzung am 20. und 21. September vermutlich beschließen wird: die Operation Twist, die letztmals vor einem halben Jahrhundert praktiziert worden ist. Wie schon vor einem Jahr bei der QE2, also dem Quantitative Easing, Teil 2, kauft die Notenbank dabei erneut massenweise lang laufende Staatsanleihen. Anders als 2010 soll dies aber wohl begleitet werden vom gleichzeitigen Verkauf kurz laufender Schatzwechsel. Dadurch würde Bernanke die Fed-Bilanz nicht wie mit QE1 und QE2 massiv verlängern, sondern die Staatsanleihen mit kurzfristigen Papieren bezahlen – und das wäre bilanzsummenneutral und somit weniger inflationsfördernd.

Da die Fed die Märkte normalerweise sehr geschickt schon vor ihren Beschlüssen in die gewünschte Richtung lenkt, ist die Bewegung der letzten Tage an den Zinsmärkten ein starkes Indiz dafür, dass die Fed den Twist und nicht die umstrittene QE3 im Sinn hat. Diese Operation drückt die Renditen lang laufender Staatsanleihen durch die Fed-Aufkäufe immer tiefer und lässt die Renditen für Kurzläufer wegen der Verkäufe gleichzeitig leicht klettern.Und mit den Renditen für Staatsanleihen würden sich auch die für andere Bonds guter Schuldner bewegen. Im Vorfeld der Entscheidung ist Bernanke dies schon gelungen: Die zehnjährigen US-Staatsanleihen sind auf 1,97 Prozent gefallen und deutsche Bundesanleihen gar auf das Rekordtief von 1,83 Prozent.

Der Haupteffekt des Twist besteht darin, dass die Fed den Anlegern deutlich sagt: Verkauft die niedrig verzinsten Kurzläufer (0,1 Prozent bei einjährigen und 0,21 Prozent bei zweijährigen Schwatzwechseln) und wechselt in die höher rentierenden Langläufer. Deren Renditen werden vorläufig nicht steigen, Ihr, liebe Anleger, habt also vorerst kaum ein Kursrisiko. Das drückt die für die Staats- und die Wohnungsbaufinanzierung so wichtigen Renditen für Langläufer, ermöglicht Washington die Auflegung „billiger“ Long-Bonds und animiert potenzielle Immobilienkäufer, die niedrigen Zinsen zu Käufen zu nutzen oder aber Hausbesitzer, eine bestehende Finanzierung auf stabilere Beine zu stellen. Da sich gleichzeitig die Renditen von Kurzläufern minimal von der Nulllinie entfernen, erhalten die in den USA so wichtigen Geldmarktfonds wieder etwas mehr Luft zum Atmen.

Zusammen mit der Garantie der Fed, die Leitzinsen mindestens bis Mitte 2013 nahe null Prozent zu halten, sorgt ein Twist dafür, dass sich die Zinsen über alle Laufzeiten hinweg für lange Zeit auf extrem tiefen Niveaus bewegen werden. Das soll den Unternehmen und Konsumenten Sicherheit geben, zu investieren und zu shoppen und damit die Konjunktur vor dem Absturz zu bewahren. Gleichzeitig soll die Unsicherheit an den Finanzmärkten weichen, weil klar gemacht wird, dass mit Sicht auf einige Jahre mit Zinsanlagen die Inflationsrate bei weitem nicht ausgeglichen werden kann. Und das soll die Anleger, wie das bei QE2 so gut geklappt hat, in risikoreichere Anlagen drängen, sprich in Aktien und Unternehmensanleihen, und so die Konjunktur zusätzlich stützen.

Ob das alles wie gewünscht klappen wird, ist eine ganz andere Frage. Nachdem QE2 nicht dauerhaft gewirkt hat, werden die Anleger zunächst misstrauisch bleiben und ihre Risikoscheu erst ablegen, wenn sich die Finanzmärkte gefangen haben und die Konjunktur erste Anzeichen einer Stabilisierung anzeigt. Dann aber könnte eine Geldlawine über die Aktienmärkte hereinbrechen.

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AuslandPolitik
2 Kommentare
  1. Lieber Herr Linder,
    es ist wie immer ein Genuss, ihre Analysen der Märkte zu lesen.
    Liebe Grüße
    Stefan Otto

  2. Gut erklärter Artikel. Es wird sich zeigen ob das Vorgehen Erfolg haben wird. Solange die Märkte noch so angespannt sind, rechne ich aber nicht mit einer baldigen Besserung.

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