Die Börsenentwicklung in diesem Jahr ähnelt frappierend der von 2010. Daraus lesen viele Anleger ab, dass der DAX jetzt noch eine ganze Zeit lang seitwärts tendieren und im Herbst zu einer Jahresendrallye starten wird. Was ist dran an dieser Parallelität?
Wenn man sich den groben Verlauf der DAX-Kurven vor Augen hält, ist die Ähnlichkeit tatsächlich groß – nur dass jetzt das Kursniveau um rund 1000 Punkte höher liegt als 2010. Damals ebenso wie in diesem Jahr kletterten die Kurse am Jahresanfang deutlich, dann folgte im März ein steiler Absturz, von dem sich die Börsen bis Mai in etwa wieder erholten. Anschließend ging es jeweils unter heftigen Schwankungen seitwärts. Im vorigen Jahr hielt dieser Trend bis Anfang Oktober an – aber dann waren die Kurse nicht mehr zu halten, der DAX schaltete wieder auf Hausse-Modus um.
Manche Analysten schließen daraus, dass die Anleger noch viel Zeit haben, um sich für steigende Kurse zu positionieren. Die Vergangenheit hat jedoch oft genug gezeigt, dass sich die Geschichte nie gleich wiederholt. Deshalb wäre es gefährlich, nur auf diese Parallelität zu achten. Zumal vor einem Jahr, wenn man es genau nimmt, die Wende bereits Ende August erfolgte. Das war das letzte Mal, dass der DAX unterhalb der 6000er-Schwelle notierte. Bis Anfang Oktober ging es dann allerdings bis zum Start der Jahresendrallye nur zögernd und volatil nach oben.
Im vorigen Jahr war es die Ankündigung der US-Notenbank, der amerikanische Wirtschaft nochmals mit einer Geldschwemme aus ihren Konjunkturproblemen zu helfen, die für den Umschwung sorgte. Erste Andeutungen für das so genannte Quantitative Easing 2 gab es Ende August 2010, Details wurden dann nach und nach bekannt. Diesmal ist ein erneutes Aufdrehen der Liquiditätshähne kaum zu erwarten, da die Konjunktur- und Inflationssituation der USA anders ist: Die Konjunktur ist stärker, und angesichts anziehender Inflation ist die Deflationsgefahr viel geringer.
Der Auslöser müsste also von anderer Seite kommen. Beispielsweise von einer Einigung im US-Budgetstreit – oder aber, was wahrscheinlicher ist, von einer Besserung der amerikanischen Konjunktur. In der Tat deuten manche Signale – vor allem der aufwärts gerichtete Einkaufsmanagerindex – darauf hin, dass die USA die Wachstumsdelle im Lauf des zweiten Halbjahrs überwinden werden. Das würde die gesamte Weltwirtschaft stabilisieren helfen. Wenn sich diese Meinung mit den nächsten Konjunkturdaten – von denen es in dieser und der nächsten Woche jede Menge so extrem wichtige wie die Arbeitsmarktdaten für Juli gibt – verfestigen kann, dürfte der Ausbruch aus dem Seitwärtstrend eher früher erfolgen als 2010. Vielleicht schon im August. Falls der Budgetstreit nicht noch ewig schwelt.
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