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New York Stock Exchange (NYSE) - hier werden SPACs gehandelt
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IPO: Was sind SPACs und warum sind sie wieder populär?

Erfahrene Börsianer dürften die aktuellen Entwicklungen am Markt für Neuemissionen in den USA beunruhigen. SPACs boomen. Doch was steckt dahinter. SPACs sind Zweckgesellschaften, die nur gegründet werden, um andere Firmen an die Börse zu bringen. Doch wie funktioniert das genau? Sind SPACs gefährlich für die Aktienmärkte? Was Anleger darüber wissen sollten.

SPAC steht für Special Purpose Acquisition Company, frei übersetzen lässt sich dies mit Zweckgesellschaft für Übernahme. Eine Firma wird eigens dafür gegründet, um eine andere an die Börse zu bringen. Zugegeben, das klingt ein wenig verrückt, ist aber ganz einfach. Ein paar Leute tun sich zusammen, gründen eine solche Zweckgesellschaft und beantragen die Zulassung zum Börsenhandel. Ein SPAC betreibt kein operatives Geschäft, es sucht sich eine andere Firma, die aktiv ist und an die Börse will. Das funktioniert und wird in den USA immer häufiger praktiziert. Profis sprechen von einem Boom, das Silicon Valley Business Journal nannte es jüngst „Year of the SPAC“, das Jahr der SPACs.

SPACs boomen, aber nicht zum ersten Mal

SPACs sind kein ganz neuer Trend. Sie waren vor der Finanzkrise 2008/2009 beliebt, spielten dann aber kaum noch eine große Rolle. In den vergangenen drei Jahren wuchs das Geschäft wieder deutlich, in diesem Jahr brechen Volumen und Anzahl der Emissionen einen Rekord nach dem anderen. Bereits im September 2020 zählt die Statistik von SPAC Insider mit rund 100 Emissionen so viele wie nie zuvor.

Die Pandemie befeuert den Boom, sie ist aber keineswegs der Hauptgrund für den rasanten Anstieg. Viel eher wittern SPAC-Gründer jetzt gute Chancen, wollen doch viele Unternehmen die positive Entwicklung an den Aktienmärkten nutzen und möglichst schnell an die Börse gehen.

SPAC-IPO: Bill Gates und VW sind bei QuantumScape angagiert

Beispiele für Firmen, die diesen Weg gewählt haben, gibt es derzeit viele. So zum Beispiel Virgin Galactic-Gründer Richard Branson, der das Vorzeigemodell der New York Stock Exchange NYSE für SPACs ist. Zu den bekannteren Namen in Deutschland zählen zum Beispiel Nikola Motorr und Hyliion. Aktuell steht zum Beispiel der Batteriespezialist QuantumScape in den Startlöchern für eine Fusion mit dem SPAC Kensington Capital Acquisition Corp. An QuantumScape sind VW und große Investoren wie Koshla Ventures oder Bill Gates beteiligt.

Die Profis nennen SPACs auch ‚Blank check company‘, zu deutsch: Blankoscheck-Gesellschaft. Denn die Firma sammelt Geld bei Investoren ein und weiß in der Regel nicht, mit wem sie später fusionieren wird. Bei Emission gibt sie Aktien aus, deren Wert typischerweise 10 Dollar beträgt. Die Anzahl der Aktien variiert jedoch. Daher können SPACs 10, 50 oder mehrere hundert Millionen Dollar wert sein. Ein Teil des Geldes fließt an die Gründer, der Rest wird auf einem Treuhandkonto geparkt. Kommt es zu einer Fusion oder Übernahme, wird das Geld eingesetzt. Meist kommt es dann zum Reverse Merger, damit der Name der ehemaligen Firma beibehalten wird (mehr dazu hier). Findet das SPAC jedoch keinen geeigneten Partner wird es in der Regel nach zwei Jahren wieder aufgelöst.

Warum wählen IPO-Kandidaten ein SPAC für den Börsengang?

Über ein SPAC können sich Börsenneulinge das aufwändige und zeitraubende Prozedere ersparen, das beim klassischen Börsengang erforderlich ist. Dazu zählen unter anderem das Erstellen eines Verkaufsprospekts, die Vorlage von Bilanzen der vergangenen Jahre, die Analyse der Geschäftsaussichten, das Erstellen von umfangreichen Präsentationen für potentielle Investoren, etc. Für ein klassisches IPO müssen die Unternehmen alle wesentlichen Informationen zur Gesellschaft offenlegen und brauchen eine Genehmigung der SEC, der amerikanischen Wertpapieraufsichtsbehörde. Ohne sie erhalten sie keine Zulassung zum Börsenhandel.

All diese Aufgaben übernimmt das SPAC. Und da diese Zweckgesellschaften kein operatives Geschäft haben, entfallen Bilanzen und Geschäftszahlen der Vorjahre, etc, was den Zulassungsprozess vereinfacht und beschleunigt. In der Regel dauert die Börsenzulassung bei SPACs etwa 8 Wochen, während der klassische Börsengang, auch IPO für Initial Public Offering genannt, meist 3-6 Monate in Anspruch nimmt.

Firmen bewerten, die über SPAC an die Börse gehen

Trotz des Booms kämpfen SPACs gegen ein negatives Image an. Das ist auch nicht leicht abzuschütteln. Firmen, die den Weg an die Börse über ein SPAC gehen, werden eher kritisch beäugt. Denn Fakt ist, dass sie den Börsengang im Eiltempo anstreben. Dahinter steckt möglicherweise dringender Kapitalbedarf. Kann sich ein Firma nämlich nicht so einfach Geld auf anderem Weg beschaffen, ist ein SPAC ein willkommener Partner.

Aber auch andere Gründe können für diesen Weg sprechen, wie zum Beispiel der aufwändige Prozess für den Börsengang. So mancher Gründer konzentriert sich lieber auf das Geschäft, als um eine Börsenzulassung und potenzielle Investoren. Aber vielleicht scheut der Gründer die Öffentlichkeit oder fürchtet, dass bei der Veröffentlichung von Zahlen oder der Präsentation vor professionellen Investoren andere Schwachstellen aufgedeckt werden. Daher sollten Investoren bei Gesellschaften, die über ein SPAC an die Börse gehen, besonders vorsichtig sein.

Foto: davidvives90/pixabay

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2 Kommentare
  1. Ich habe eine Frage: wenn ich Aktien eines SPAC kaufe, habe ich dann nach dem Börsengang bzw. dem Zusammenschluss mit der eigentlichen Firma die Aktien der neu entstandenen Firma?

    Antworten
    • Nach dem Zusammenschluss der beiden Gesellschaften wird das SPAC umbenannt auf den Namen der übernommenen Firma. Damit besitzen die ehemaligen SPAC-Investoren die Aktien des neu an der Börse gehandelten Unternehmens.

      Antworten

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