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Mit Lebensversicherungen verraten und verkauft?

Was würde Herr Kaiser von der Hamburg Mannheimer dazu sagen? Die Lebensversicherungen, die er jahrzehntelang als eine der bekanntesten deutschen Werbeikone an Frau und Mann bringen half, sollen in Kürze an eine „Heuschrecke“ verhökert werden, also an einen Finanzinvestor oder Hedge Fonds. Wehren können sich die Kunden dagegen nicht.

Die Hamburg Mannheimer als Marke gibt es zwar schon seit Ende des vorigen Jahrzehnts nicht mehr – aber die Verträge wurden unter den Namen der Mutter als Ergo Leben weitergeführt. Sie und die Verträge der ebenfalls zu Ergo gehörenden Victoria Leben will der Konzern auf Druck der Ergo-Mutter Münchener Rück nun bestmöglich verkaufen – angeblich für gut eine Milliarde Euro. Immerhin handelt es sich um rund sechs Millionen Lebensversicherungsverträge.

Da die Generali Versicherung auf dem Fuße folgt und vier Millionen Policen verscherbeln will, werden also bald zehn Millionen der fast 90 Millionen deutschen Lebensversicherungsverträge von Finanzinvestoren verwaltet werden statt von Versicherungsgesellschaften. Die bisher erworbenen Ansprüche der Versicherten müssen die Käufer zwar erfüllen, aber da die „Heuschrecken“ bisher nicht gerade als Menschenfreunde berühmt geworden sind sondern als knallharte Profitoptimierer, werden die künftigen Überschussbeteiligungen über die Garantieverzinsung hinaus möglicherweise noch geringer ausfallen als bisher.

Bereits zuvor hatten kleinere Versicherer ihre Bestände verkauft, und mit der Axa überlegt sich das noch eine weitere Branchengröße. Kein Zweifel: Die Lebensversicherungsbranche befindet sich im Aufruhr, und ihre Kunden fühlen sich verraten und verkauft. Niedrigzinsphase, starke staatliche Regulierung, hohe Garantieverzinsungen aus früheren Jahren und hohe Kosten lassen die Versicherer verzweifeln. Und die Probleme werden nicht kleiner, je länger die Nullzinsphase noch anhält, ja, wenn die Anleihenzinsen klettern, drohen sogar hohe Kursverluste, die die bis dato noch soliden Bewertungsreserven wie Schnee in der Sonne schmelzen lassen dürften.

Jetzt rächt es sich, dass die deutschen Lebensversicherer, anders als viele Konkurrenten im Ausland, fast ausschließlich auf Zinsanlagen gesetzt haben – unter dem Aspekt der Risikostreuung ein unverzeihlicher Fehler. Der durchschnittliche Aktienanteil an den Kapitalanlagen ist von über 26% im Jahr 2000 auf nur noch 4,4% im vorigen Jahr gefallen, so dass die Versicherten von den Kursgewinnen der letzten Jahre kaum profitieren. Und der Staat muss sich vorwerfen lassen, dass er seine Bürger mit steuerlich wesentlich günstigeren Bedingungen als für andere Kapitalanlagen lange Zeit geradezu in die Lebensversicherung getrieben und der Branche ein unbezahlbares Werbeargument geliefert hat.

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1Kommentar
  1. Man darf nicht Aktienkursentwicklungen der letzten Jahre mit heutigen Zinsen vergleichen, sondern muss diese mit der Anleihekursentwicklung der letzten Jahre vergleichen. Auch Anleihen hatten in den letzten Jahren eine extrem gute Performance. Versicherer sitzen deshalb auf erheblichen Bewertungsreserven.

    Was die Zukunft bringt, wird man sehen. Steigende Zinsen könnten einen Teil der Aktienperformance umkehren. Es gibt zudem Giga-Risiken wie Nordkorea, Trump (Freihandel), Italien, die Aktien härter und schneller treffen können als Anleihen.

    Never be naive.

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