Die australische Macquarie Group zieht sich aus dem Massengeschäft für strukturierte Produkte in Deutschland zurück. Das dürfte kein Einzelfall bleiben.
Seit langem kursierten Gerüchte, dass Macquarie sein Geschäft reduzieren wollte. Nun ist offiziell, dass die Australier ihr Geschäft neu ausrichten und sich auf Vermögensverwalter und Privatbanken sowie das Emissionsgeschäft für andere Anbieter konzentrieren wollen. Auch bei anderen Häusern zeichnen sich Veränderungen ab. Barclays hat beispielsweise in den vergangenen Monaten Mitarbeiter abgebaut, die einst für den Expansionskurs eingestellt worden waren. Und auch bei der japanischen Nomura sind einige Derivateexperten nicht mehr an Bord.
Gründe für den Rückzug von Anbietern gibt es viele, im Wesentlichen ist es die aktuelle Entwicklung. Die Staatschuldenkrise trifft die Finanzwelt hart, die Banken müssen ihre Eigenkapitalbasis stärken. Sparen ist also angesagt. Die Politik schreibt den Banken zudem eine Mitschuld an der aktuellen Misere zu, weshalb die Finanzbranche und insbesondere Derivate in der öffentlichen Kritik stehen. Immer wieder werden Forderungen laut, Zertifikate müssten generell verboten werden. Hinzu kommen ein harter Wettbewerb sowie steigende Kosten.
Der deutsche Derivatemarkt gilt als die am härtesten umkämpfte Region weltweit. Wer hierzulande die Gunst der Anleger gewinnen will, braucht Ausdauer und muss Zeit und viel Geld investieren. Die eineinhalb Jahre, die sich Macquarie bis zum jetzigen Kurswechsel Zeit genommen hat, sind zu wenig, um das Vertrauen der Investoren zu gewinnen. Durch das steigende Produktangebot sind auch die Kosten in die Höhe geschnellt. Denn die Emittenten müssen sicherstellen, dass für alle Produkte und Marktteilnehmer stets aktuelle Preise verfügbar sind.
Das Geschäft hält mit den höheren Anforderungen nicht Schritt. Die Handelsumsätze sind in den vergangenen Jahren kaum gestiegen, und der Gesamtabsatz ist im Vergleich zu den Boomzeiten der Branche, die 2008 endeten, schwach. In der Spitze waren dem Deutschen Derivate Verband zufolge rund 140 Milliarden Euro in strukturierte Produkte investiert, heute sind es noch rund 100 Milliarden Euro. Bedenkt man, dass 2008 in den Statistiken strukturierte Anleihen nur zum Teil erfasst wurden, heute jedoch ein fester Bestandteil der Statistiken sind, fällt der Einbruch noch stärker aus.
Für Anleger und Konkurrenten ist der Rückzug von Anbietern nicht unbedingt gut. Denn die Anleger werden dadurch verunsichert und fragen sich, was mit den Zertifikaten in ihren Depots geschieht, wenn sich ein Emittent zurückzieht. Bleiben die Häuser wie Macquarie weiter im institutionellen Geschäft aktiv, werden die Produkte jedoch wie bisher weitergehandelt. Daher müssen sich Anleger keine Sorgen machen.
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