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Freitagsfrage: Wird die EZB ihren Leitzins senken statt anheben?

Noch im Juli war es für viele Experten eine ausgemachte Sache – die EZB wird im Verlauf dieses Jahres ihren Leitzins mindestens noch einmal anheben. Davon redet jetzt niemand mehr. Vielmehr stellt sich die Frage: Werden die Währungshüter nicht schon bald eine Rolle rückwärts machen?

Amerikas Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hat die Diskussion vor wenigen Tagen eröffnet. Er hat der EZB geraten, die beiden Zinserhöhungen dieses Jahres auf zunächst 1,25 und dann 1,5 Prozent komplett rückgängig zu machen. Nach den schwachen Konjunkturdaten in dieser Woche dürfte sein Ruf von immer mehr Experten wiederholt werden. Denn nun scheint endgültig klar, dass Europa das schwächste Glied in der internationalen Konjunkturkette ist – und nicht die USA. Ob harte oder weiche Wirtschaftsdaten, allesamt weisen sie auf eine merkliche Abschwächung hin.

Am deutlichsten hat das am Donnerstag der viel beachtete Einkaufsmanagerindex für die Industrie gezeigt: Während er in den USA überraschenderweise oberhalb der Expansionsschwelle von 50 Punkten geblieben und in China sogar leicht gestiegen ist, gab es in Euroland einen Absturz auf 49 Punkte. Das signalisiert erstmals seit 2009 eine Schrumpfung der Industrieaktivitäten. In Deutschland notiert der Index zwar noch über 50 Zählern, aber in den Schuldnerstaaten steht er zum Teil weit darunter. Auch die wieder wachsende Arbeitslosigkeit im Euroraum auf nunmehr 15,8 Millionen Erwerbslose bringt die EZB in Zugzwang. Nicht zu vergessen sind die wachsenden Sorgen über den Gesundheitszustand der europäischen Banken. Und wenn die USA ihre Zinspolitik weiter lockern und sogar ein Boomland wie Brasilien den Leitzins gesenkt hat, kann Europa als ausgemachte Schwachstelle der Weltkonjunktur kaum abseits stehen.

Gegen eine baldige Zinssenkung spricht eigentlich nur die Inflationsrate. Sie verharrte zuletzt bei 2,5 Prozent und liegt damit über dem Niveau von zwei Prozent, das die EZB als stabil bezeichnet. Das könnte sich allerdings bald ändern. Sowohl die Geldmengenentwicklung als auch der Preisverlauf vorgelagerter Stufen deuten darauf hin, dass die Teuerung langsam zurückgehen wird. Die Geldmärkte signalisieren mit ihren Terminsätzen allerdings erst im nächsten Jahr eine Leitzinssenkung – aber das wäre Unsinn. Wenn schon Kehrtwende, dann sollte die EZB möglichst bald das Gesetz des Handelns übernehmen und die Zinsen noch im Herbst zurücknehmen.

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