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Freitagsfrage: Ist die „Crash-Warnung“ der EZB ein Alarmsignal?

Gerade als der DAX sich Mitte dieser Woche anschickte, die 10 000-Punkte-Hürde zu überwinden, platzten Meldungen herein, die EZB habe eine Crash-Warnung ausgesprochen. Herrscht jetzt also allerhöchste Alarmstufe an den Aktienmärkten?

Auslöser der Verunsicherung ist der jährliche Finanzstabilitätsbericht der EZB – aber bei genauem Durchlesen der 169 Seiten umfassenden Analyse zeigt es sich, dass die Aufregung etwas übertrieben ist, zumindest was die Aktienbörsen angeht. Die EZB listet dort die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems auf – und nennt neben zwei anderen auch die „Möglichkeit eines scharfen und ungeordneten Abbaus der jüngsten Kapitalflüsse“.

Diese Warnung bezieht sich allerdings in erster Linie auf die Anleihenmärkte, wo nach den Beobachtungen der EZB die Risikoneigung auf der Jagd nach höheren Renditen besonders stark zugenommen hat. Das hat den Renditevorsprung bonitätsmäßig schlecht eingestufter und relativ illiquider Staats- und Unternehmensanleihen deutlich schmelzen lassen. Da Banken, Versicherer und Pensionsfonds, auf die der Finanzstabilitätsbericht vor allem abzielt, überwiegend Bonds und nur in geringem Umfang Aktien in ihren Depots halten, bereitet das der EZB naturgemäß die größten Bauchschmerzen. Sie ruft die Aufsichtsbehörden auf, dafür zu sorgen, dass diese Finanzinstitute genügend Kapitalpuffer aufweisen, um den Risiken begegnen zu können, die sich für Hochzinsanleihen ergeben könnten, sobald die Risikoneigung wieder zunimmt – beispielsweise nach einer Straffung der Notenbankpolitik.

Dass die EZB die Risiken bei Aktien geringer einstuft als bei Anleihen zeigt sich auch daran, dass sie explizit darauf verweist, dass weder das Kurs-Buchwert-Verhältnis noch das langfristige KGV (das Shiller-PE) an den Aktienmärkten für eine Überbewertung sprechen. Ähnliches gilt für die Kapitalflüsse, die laut Finanzstabilitätsbericht seit der Finanzkrise 2008 bei Aktien deutlich weniger zugenommen haben als bei Anleihen. An den Aktienbörsen muss deshalb also noch keineswegs der Alarmknopf gedrückt werden, zumal neben der Bewertung auch die aufwärts gerichtete Konjunktur, die tiefen und eher noch fallenden Kurzfristzinsen und die reichliche Liquidität gegen einen Crash sprechen.

Klar ist aber natürlich auch, dass bei einem Crash an den Bondmärkten die Aktienmärkte mitgerissen würden. Eine Hauptaufgabe von EZB, Fed, Bank of England und Bank of Japan wird es denn auch sein, den Ausstieg aus der ultraleichten Geldpolitik in den kommenden Jahren so behutsam anzugehen, dass die Renditen an den Anleihenmärkten nicht sprunghaft sondern geordnet steigen. Nur so lassen sich Verwerfungen an den Finanzmärkten und damit auch an den Gütermärkten verhindern. Es hängt also fast alles vom Geschick der Notenbanker ab, ob ihre Warnung vor einer scharfen Korrektur an den Finanzmärkten Wirklichkeit wird oder nicht.

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