Diese Frage höre ich von meinen deutschen Freunden und Bekannten derzeit häufig. Zweifellos wirkt die Entwicklung hier in den USA auf Europäer befremdlich und viele fragen sich, wie ein Populist wie Donald Trump so weit kommen konnte, möglicherweise ja sogar Präsident wird. Die Ursachen sind wie immer vielfältig, doch ein paar wichtige Fakten erklären vieles.
Ganz ehrlich: Hier im Silicon Valley, einer Hochburg der Demokraten, mag kaum einer glauben, dass Trump das Rennen macht. Viel eher schüttelt man hier ebenso den Kopf über die Entwicklungen der vergangenen Monate und sucht nach Erklärungen. Eine plausible lieferte heute Professor Doug McAdam bei einem Vortrag an der Universität Stanford.
Der Politologe recherchierte die Wahlergebnisse der Vergangenheit und berichtet: „Das Trump-Phänomen hat seine Wurzeln in den 60er Jahren“. Das war die Zeit der Bürgerrechtsbewegung, die Republikaner rückten stärker nach rechts, ihre Hauptwähler waren und sind Weiße, vornehmlich Männer. Frauen und Farbige wählen dagegen überwiegend die Demokraten. McAdam prognostiziert, dass in der aktuellen Wahl 95 Prozent der Trump-Wähler Weiße sein werden. Warum ist das wichtig?
Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung schwindet die Vorherrschaft der Weißen in den kommenden Jahrzehnten. Hochrechnungen zufolge schrumpft ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung von derzeit gut 60 Prozent bis ins Jahr 2050 sukzessive auf weniger als die Hälfte. Am stärksten zulegen dürften dagegen die Gruppe der Latino/Hispanic – jene, gegen die Trump besonders stark wettert.
Diese Verschiebung ist bereits voll im Gange. Wie das Wall Street Journal heute berichtete, stieg die Diversität insbesondere im Mittleren Westen – also den Staaten mit einem hohen Bevölkerungsanteil Weißer – überproportional, teils um 150 Prozent und mehr seit Beginn des Jahrtausends.
Einwanderungspolitik ist daher für Trump ein großes Thema. Zudem fühlen sich viele Bürger auch als Verlierer im System und stöhnen unter der hohen finanziellen Belastung. Denn insbesondere die Mittelschicht traf die Immobilienkrise sowie die darauffolgende Rezession stärker als andere Einkommensklassen. Hinzu kommen eine Reihe weiterer Faktoren, wie zum Beispiel der extreme Anstieg der Studiengebühren, der Familien stark belastet.
Klar ist aber auch, dass mit Trump und Clinton zwei äußerst umstrittene Kandidaten um das höchste Amt im Land kämpfen. Wenn es nach den Rechnungen von McAdam geht, macht Clinton kommende Woche das Rennen. Denn die meisten Wahldistrikte seien vergeben. Nur noch zwischen 36 und 90 von den 435 Wahldistrikten sind „swing districts“, in denen unklar ist, ob am Ende die Republikaner oder die Demokraten gewinnen.
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