Wucherzins oder nicht? Wer seine Steuern verspätet zahlt, „darf“ auf die Steuerschuld zusätzlich noch 0,5 Prozent Zinsen pro Monat oder sechs Prozent Zinsen pro Jahr berappen. Ist das noch in Ordnung?
Säumige Steuerzahler werden ordentlich zur Kasse gebeten. Umgekehrt gilt der Sechs-Prozent-Zinssatz aber auch für den Fiskus selbst, wenn er Rückerstattungen zu spät auszahlt. Ist dieser – angesichts der anhaltenden Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank – hoch anmutende Zinssatz noch okay? Ja, befindet der Bundesfinanzhof.
Der bereits mehr als 50 Jahre geltende Zinssatz (siehe §238 Abs.1 Abgabenordnung in Verbindung mit §233 a) werteten die Richter nicht als verfassungswidrig. Denn im Jahr 2013, um das es in dem Urteil konkret ging, hätten sich die Zinssätze für Einlagen und Kredite in Deutschland zwischen 0,15 Prozent und 14,7 Prozent bewegt. „Obwohl der Leitzins der Europäischen Zentralbank bereits seit 2011 auf unter 1 % gefallen war, konnte somit nicht davon ausgegangen werden, dass der gesetzliche Zinssatz die Bandbreite realitätsnaher Referenzwerte verlassen hat“, heißt es in der Information des BFH (Urteil vom 9.11.2017, Az.: III R 10/16, veröffentlicht am 27. Februar 2018).
Die besagten „Überziehungszinsen“ werden übrigens auf fällige Steuern berechnet, die mindestens 15 Monate lang nicht beglichen wurden. Der Fiskus will mit dem Zins Vorteile abschöpfen, die ein Anleger haben könnte, wenn er sein Geld zwischenzeitlich gewinnbringend woanders parkt – in Nullzinsphasen allerdings unrealistisch. Kleiner Trost: Wer zu lange auf eine fällige Steuererstattung vom Fiskus warten muss, darf denselben Satz kassieren. Der Vorteil dürfte aber klar auf Seiten des Fiskus liegen.
Weitere Beiträge
0 Kommentare