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Eine Frau hat einen Taschenrechner in der Hand und denkt an die Rentenversciherung
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Rettet der Staat die Rentenversicherung vor der Pleite?

Zugegeben, in die deutsche Rentenversicherung zahlt Vater Staat tatsächlich Jahr für Jahr viel Geld ein.  Immerhin sind es rund 100 Milliarden Euro pro Jahr. Dieser Betrag deckt etwa 30 Prozent der gesamten Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung ab. Allerdings, und das hört man selten, sinkt dieser Wert seit Jahren: 2003 hatte der Bund 33,3% der Rentenausgaben finanziert. 2020 waren es nur noch 30,3%.  Was noch seltener erwähnt wird, ist die Tatsache, dass diese hohen staatlichen Transfers an die Rentenversicherung einen guten Grund haben. Und dass der Staat eher zu wenig zahlt als er eigentlich müsste. Aber der Reihe nach.

Rentenversicherung bekommt Lasten aufgebürdet

Denn die Bundeszuschüsse sind zu einem großen Teil dadurch bedingt, dass die Rentenversicherungen in vermehrtem Maße für so genannte versicherungsfremde Leistungen aufkommen müssen. Was alles darunter fällt, daran scheiden sich die Geister. Das liegt insbesondere daran, dass die Statistik, Kritiker meinen bewusst, so gestaltet ist, dass man das Volumen der so genannten nicht beitragsgedeckten Leistungen teilweise schätzen muss. Das hat die Deutsche Rentenversicherung letztmals für 2017 gemacht. Die Daten sind recht aufschlussreich: Danach haben die Bundeszuschüsse der allgemeinen Rentenversicherung vor vier Jahren 67,8 Milliarden Euro betragen. Die versicherungsfremden Leistungen im engeren Sinn, die von der Rentenversicherung geschultert werden müssen, waren mit 55,7 Milliarden Euro etwa 12 Milliarden niedriger als die Bundeszuschüsse.

Betragszahler alimentieren den Staat

Rechnet man aber die nicht beitragsgedeckten Leistungen nach der erweiterten Abgrenzung hinzu, wie das die Deutsche Rentenversicherung getan hat, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Dann werden aus 55,7 Milliarden 99,1 Milliarden Euro an versicherungsfremden Leistungen. Das bedeutet im Klartext, dass die Beitragszahler den Staat mit 31,1 Milliarden Euro alimentiert haben. Sie haben also um diesen Betrag mehr eigentlich staatliche Leistungen finanziert, als sie durch den Staatszuschuss bekommen haben.

Ost-Renten, Mütterrente und andere Belastungen

In dieser erweiterten Abgrenzung der versicherungsfremden Leistungen ist der West-Ost-Transfer mit 29,1 Milliarden Euro der mit Abstand größte Brocken. Er ist deshalb so hoch, weil die Rentenempfänger aus den neuen Bundesländern bis zu Wiedervereinigung keine Beiträge an die – damals westdeutschen –  Rentenversicherungsträger gezahlt haben. Sie bekommen aber ihre Berufszeiten zu Recht dennoch angerechnet. Allerdings erachten Experten es als ein Unding, wenn für einen Teil der Ost-Renten die (seit der Wiedervereinigung west- und ostdeutschen) Beitragszahler der Rentenversicherung aufkommen müssen. Und nicht der Staat, der diese politischen Regelungen beschlossen hat.

Das gilt überwiegend auch für versicherungsfremde Leistungen im engeren Sinn. Von ihnen entfiel 2017 zum Beispiel ein gewichtiger Betrag von 25,1 Milliarden Euro auf Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder (die so genannte Mütterrente) sowie für Altersrenten vor der Regelaltersgrenze. Auch das waren politische Entscheidungen, die der Gesetzgeber der Deutschen Rentenversicherung aufgebürdet hat.

Wie ergibt sich der 100 Milliarden-Zuschuss für die Rentenversicherung?

Bleibt noch die Frage, wie die 100 Milliarden Euro zustande kommen, die der Staat den Rentenversicherungen pro Jahr zuschießt? Schauen wir uns die Zahlen für 2019 an. Da gab es die Bundeszuschüsse zur allgemeinen Rentenversicherung von 72,3 Milliarden Euro (also 4,5 Milliarden mehr als im obigen Beispiel für 2017). Hinzurechnen muss man noch 15,4 Milliarden Euro für Kindererziehungszeiten (Mütterrente). Da der Bund nicht die gesamte Last seiner Entscheidung trägt, taucht der Rest der Mütterrenten (siehe oben) in den nicht beitragsgedeckten Leistungen auf. Ferner kommen noch Zuschüsse von 5,3 Milliarden Euro für die Knappschaftliche Rentenversicherung hinzu, die Bergleute, Bahn-Angestellte und Seeleute umfasst. Außerdem noch 5,6 Milliarden Euro Leistungen für Zusatzversorgungssysteme in der DDR. Insgesamt schießt der Bund also hier nochmals 26,3 Milliarden Euro direkt zu, die auf politische Entscheidungen zurückgehen.

Zahlt der Staat 30 Milliarden Euro zu wenig?

Die frühere Bundesvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung, Annelie Buntenbach, redete denn auch 2019 in ihrem Bericht an die Bundesvertreterversammlung Klartext. Sie forderte, „dass Leistungen der Rentenversicherung, die wie die Mütterrente nicht auf Beiträgen beruhen, vollständig aus Steuermitteln zu finanzieren sind“. Jüngste Berechnungen hätten gezeigt, „dass derzeit eine jährliche Unterdeckung nicht beitragsgedeckter Leistungen durch den Bund in Höhe von 30 Milliarden Euro besteht“.

In der Diskussion um die Zukunft der gesetzlichen Rente sollte in der Tat die Transparenz deutlich steigen. Das gilt vor allem für die Bundeszuschüsse. Denn die viele Medien und manche  Politikern verklären sie als kaum noch bezahlbare „Geschenke“ an die jetzigen und künftigen Rentner, ohne die das System bald Pleite wäre. Tatsächlich sind die staatlichen Gelder beim besten Willen alles andere als Geschenke.

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