So mancher Goldanleger kann es kaum fassen: Da überschlugen sich die positiven Preisprognosen für Edelmetalle zum Jahresstart geradezu – und jetzt sackt die Goldnotierung so stark ab wie zuletzt 1998 in einem Januar. Und bei Silber geht es noch rapider talwärts. Wie schon so oft in den letzten Jahren stellt sich die Frage: Ist das nur eine Korrektur oder so etwas wie eine Wende?
Es ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn Experten und Anleger nur so vor Optimismus strotzen, so wie das bei Gold und mehr noch Silber in den vergangenen Monaten der Fall war. Und es ist ein noch schlechteres Zeichen, wenn sogar Goldskeptiker schwach werden und – wie ein bekannter Vermögensverwalter – unfreiwillig Gold in die Depots packen, weil sonst die Kunden ungehalten werden. Gefahr ist auch oft dann in Verzug, wenn die Preise ohne Korrektur steil nach oben laufen, wie bei Gold und Silber im zweiten Halbjahr 2010.
Seit Jahresbeginn hat die Feinunze Gold nun schon fast 100 Dollar oder 6,5 Prozent verloren, Silber gut vier Dollar oder 14 Prozent. Das ist durchaus noch im Rahmen normaler Korrekturen. Der Goldpreis hat in seiner zehnjährigen Aufschwungsphase schließlich einige starke Verlustphasen von 15 bis 25 Prozent ohne bleibenden Schaden weggesteckt.
Trotzdem erscheint die Lage diesmal etwas kritischer. Zum einen, weil der Aufwärtstrend inzwischen eine extreme Länge erreicht hat, zum anderen, weil diejenigen, die Gold als Schutz vor Inflation und Währungsunsicherheiten gekauft haben, ihr Pulver größtenteil verschossen haben, also vermutlich nicht mehr so extrem stark investieren werden. Zudem steht der Plan zahlreicher Regierungen im Raum, Rohstoffspekulationen in Zukunft stärker zu regulieren und zu begrenzen. Nachdenklich stimmt auch, dass die beiden stark industriell gefragten Edelmetalle Platin und Palladium anders als Gold und Silber seit Jahresbeginn stabil geblieben sind, sogar mit leichter Tendenz nach oben.
Große Hoffnungen der Goldfans richten sich immer noch auf China und Indien mit ihrem angeblich riesigen Edelmetall-Hunger. Aber auch dort setzen hohe Preise der Nachfrage Grenzen. Zumal eines hinzukommt: Die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Erde kämpfen mit Zinserhöhungen gegen die Inflation. Das reizt Anleger zu Zinsanlagen. Und nicht zuletzt sind China und Indien daran interessiert, die Inflationserwartungen im Lande zu brechen. Das wird ihnen kaum gelingen, wenn Gold und Silber als bekannteste Teuerungsbarometer immer mehr kosten. So wie China seine Währung im Griff hat, kann es, wenn es darauf ankommt, auch den Goldpreis maßgeblich beeinflussen.
Die Zeit ist deshalb reif zumindest für eine Fortsetzung des Goldpreisrückgangs bis zu den üblichen Korrekturgrößen von rund 20 Prozent, bei Silber kann es auch deutlich mehr sein. Das aber wird auch nicht blitzschnell erfolgen, sondern – bedingt durch charttechnische Faktoren – unter heftigen Schwankungen. Dann aber wird es erst richtig spannend, dann kommt es nämlich darauf an, ob Europa bis dahin eine tragfähige Lösung des Staatsschuldenproblems zustande bringt – und ob die kurzfristig marktbestimmenden Hedgefonds auf eine Wende bei Gold und Silber wetten. Zuzutrauen ist es ihnen.
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