Im Prinzip wissen wir Anleger ja alle, welche Fehler wir besonders oft begehen. Trotzdem ist es immer wieder hilfreich, wenn sie uns vor Augen geführt werden – so wie das die Deutsche Bundesbank in ihrem Monatsbericht für Januar mit vielen wissenschaftlichen Belegen tut. Hier die Quintessenz des sehr ausführlichen und sehr lesenswerten Beitrags:
Die Bundesbanker saugen ihre Erkenntnisse sowohl aus der klassischen Finanztheorie als auch aus der verhaltensgeprägten Behavioral Finance und listen diese Kardinalfehler der Anleger auf:
1) zu wenige Anlageklassen: Jeder fünfte deutsche Haushalt verfügt über nur ein Anlageprodukt, mit Vorlieben für Sparbuch, Lebensversicherung und Bausparvertrag. Und immerhin 46 Prozent besitzen nur zwei bis drei verschiedene Klassen. Aktien sind viel zu selten dabei.
2) zu geringe Streuung innerhalb der Anlageklassen: Das gilt besonders für Wertpapierbesitzer, die auf nur wenige Aktien oder Investmentprodukte setzen und dadurch unnötig hohe Risiken eingehen und gleichzeitig Renditechancen verschenken. Die Bundesbanker beklagen die sogenannte „naive Diversifikation“, nach der die Produktauswahl nach Daumenregeln und nicht nach rationalen Kriterien erfolgt.
3) zu heimatlastig: Der sogenannte Home Bias – das bedeutet, dass der Schwerpunkt der Anlagen auf Produkte aus dem Heimatland gelegt wird – ist weit verbreitet, hat aber abgenommen: bei Aktien von 84 Prozent Anteil deutscher Papiere im Jahr 1991 auf 59 Prozent anno 2007. Die Bundesbank-Autoren vermuten, dass der Home Bias vor allem damit zusammenhängt, dass sich Anleger für „kompetenter in der Beurteilung der heimischen wirtschaftlichen Entwicklung“ halten.
4) zu häufiges Handeln: Wer sehr viel tradet, kann die höheren Transaktionskosten im Schnitt nicht durch Mehrerträge kompensieren. Das liegt auch daran, dass Anleger ihre eigene Prognosefähigkeit überschätzen und den Grad der Unsicherheit an den Märkten unterschätzen. Die Autoren stellen auch die Frage, ob es nicht häufig effizienter und kostengünstiger sei, den gesamten Markt zu kaufen als selbst auszuwählen bzw. von Managern auswählen zu lassen, sprich passiv statt aktiv anzulegen.
5) zu früh verkaufen nach Gewinnen und zu spät verkaufen nach Verlusten: der sogenannte Dispositionseffekt zählt zu den „beliebtesten“ Fehlern. Anleger scheuen sich, Papiere unter dem Einstandskurs zu veräußern, weil das negative Emotionen hervorruft. Zudem glauben viele, dass die Kurschancen eines Papiers, das bereits gestiegen ist, geringer sind als die eines Produkts, das im Kurs gefallen ist. Der Einstandspreis sei jedoch ein „irrelevanter Referenzpreis“, der nichts über die weiteren Chancen aussage.
6) zu häufiges Herdenverhalten: das gleichgerichtete Vorgehen der Investoren ist für die Anleger und die Gesamtwirtschaft besonders gefährlich, da es die Kursschwankungen erhöht und spekulative Blasen begünstigt. Anleger schauen nicht mehr auf fundamentale Daten, sondern orientieren sich an anderen, vermeintlich erfolgreichen Marktteilnehmern und schaukeln so die Kurse immer weiter hoch. Das kann wie in der jüngsten Bankenkrise sogar das Finanz- und Wirtschaftssystem gefährden und erhebliche Wohlstandsverluste erzeugen.
Natürlich haben die Bundesbanker kein Patentrezept zur Hand, wie sich diese Fehler abstellen lassen. Aber sie betonen, dass nichts so gut dagegen hilft wie ein besseres Finanzwissen. Sie fordern, durch finanzielle Bildung Anleger besser in die Lage zu versetzen, Ineffizienzen zu erkennen und zu vermeiden. Jetzt müssten die Währungshüter nur noch die Bildungspolitiker davon überzeugen, der Finanzbildung in den Schulen ein stärkeres Gewicht zu geben. Sonst passieren Neuer-Markt-, Immobilien- und Rohstoffblasen immer und immer wieder – und „Otto Normalanleger“ wagt sich nie mehr an die Börse.
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