Wie deutsch ist der DAX? Diese Frage stellt sich nicht erst seit der jüngsten Auswertung der Besitzverhältnisse der 30 DAX-Konzerne durch die Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Sie zeigt, dass sich mindestens 54 Prozent des Kapitals der Blue-Chip-Unternehmen in ausländischer Hand befinden.
Der Studie zufolge gehört der DAX nur noch zu 42 Prozent deutschen Anlegern, vier Prozent der Aktien sind demnach nicht zuordenbar, dürften aber eher zum Auslandsbesitz zählen. Das ist eine gewaltige Verschiebung im Vergleich zu 2005, als, so die Studie, inländische Aktionäre noch rund 60 Prozent des Leitindex besaßen. Aus früheren Untersuchungen geht sogar hervor, dass zur Jahrtausenwende noch 70 Prozent der Aktien von Deutschen gehalten worden waren. Ihr Anteil hat sich also binnen zwölf Jahren fast halbiert.
Diese Ergebnisse decken sich ganz gut mit den Daten über den Aktienbesitz deutscher Privatanleger, Versicherungen und Banken. Alle drei Gruppen haben sich seit dem Jahr 2000 immer stärker von der Börse zurückgezogen. Die Zahl der deutschen Privatanleger mit direktem Aktienbesitz ist um gut ein Drittel auf 3,9 Millionen zurückgegangen, die mit Aktienfonds im Depot sogar um 45 Prozent. Die Banken haben nach diversen Krisen ihre Industriebeteiligungen notgedrungen verkauft, und die Lebensversicherer haben die Aktienquote innerhalb von zwölf Jahren von 26,4 Prozent auf 2,9 Prozent (Ende 2011) fast gezehntelt. Das Ausland hat dankend die Hand aufgehalten und sich die Mehrheit an vielen DAX-Unternehmen gesichert.
Deutschland mangelt es eben, ganz anders als vielen anderen Staaten, an einer breiten Aktionärsbasis und an einer Aktionärskultur. So lange sich das nicht ändert, wird der Anteil und der Einfluß ausländischer Anleger weiter wachsen. Für den Standort Deutschland kann das gefährlich werden, wenn es in den Unternehmen um Standort- und Forschungsentscheidungen geht. Und die deutschen Anleger tun sich keinen Gefallen, wenn sie in einer Phase künstlich niedrig gehaltener Zinsen ihr ganzes Glück in Zinsanlagen suchen.
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