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Freitagsfrage: Wer hat recht im Ökonomenstreit um die EU-Beschlüsse?

Das gab es in Deutschland noch nie: 170 Ökonomen rund um den Münchner ifo-Chef Hans-Werner Sinn fordern die Bürger auf, bei ihre Abgeordneten gegen die jüngsten EU-Beschlüsse zu intervenieren. Andere Ökonomen halten dagegen „Der Aufruf schadet dem öffentlichen Ansehen der deutschen Wirtschaftswissenschaften“, meint etwa der Wirtschaftsweise Bofinger, der gemeinsam mit anderen eine Gegenerklärung vorbereitet. Worum geht es?

Sinn und seine Mitunterzeichner halten die Beschlüsse des EU Gipfels in Sachen Banken für falsch: In Zukunft soll der ESM auch direkte Kredite an angeschlagene Geldinstitute vergeben können, nachdem eine europäische Bankenaufsicht installiert wird. Brandgefährlich sei dass meinen die Volkswirte, denn die Schulden der Banken seien weit höher als die der Staaten. Mehrere Billionen.

Diese Argumentation zeigt für mich die größte Schwachstellen dieses Aufrufes. Er ist arg populistisch geraten. Natürlich sind die zusammengerechneten Schulden – oder besser Einlagen bei europäischen Banken schwindelerregend hoch. Denn Geld aufnehmen und wieder verleihen ist schlicht ihr Geschäft. Und wenn die Volkswirte fordern, die Gläubiger der Banken sollen die Lasten tragen sollen, dann heißt das in letzter Konsequenz, dass es die Sparer, die Anleger und die anderen Banken und die europäischen Zentralbanken und damit auch der Steuerzahler sind.

Die indirekte Finanzierung von Staatsanleihen über die EZB rächt sich jetzt. Der Masterplan war, dass die Banken von der EZB so viel billiges Geld bekommen, dass sie die Staatsanleihen angeschlagener Staaten kaufen können. Das haben sie getan und nun sitzen sie selber in der Falle. Denn die Zahl der faulen Kredite der Banken steigt wegen der schwachen Konjunktur in vielen europäischen Ländern ohnehin.

Das Kernproblem bleibt: Es gibt immense Schulden in Europa, die im Moment nicht richtig bedient werden können. Will man einen Zusammenbruch vermeiden, muss jemand einspringen – die noch soliden Staaten mit Garantien. Und dann heißt es hoffen, dass die Leistungsfähigkeit der Nehmer-Länder ausreicht um diese immensen Schulden zumindest zu einem großen Teil über die Jahre abzubauen. Ein Ritt auf Messers Schneide.

Der Weg der Finanzierung erschient mir dabei zweitrangig. Wichtiger ist allerdings – und in dem Punkt stimme ich dem Appell der Gegner zu, dass die Länder, die Kredite vergeben, Einfluss haben auf die Wirtschafts- und vor allem Finanzpolitik ihrer Kreditnehmer. Ganz egal ob Staaten oder Banken, wer sich Geld leiht, muss alles dafür tun, dass er es auch zurückzahlen kann. Es geht um Anreize, Haftung und Regeln.

Die Konstruktion für eine europäische Bankenaufsicht könnte eine Nagelprobe für die Fähigkeit der EU sein, sinnvolle gemeinsame Regeln zu entwickeln. Das Ganze bis Ende des Jahres aufzustellen, halte ich allerdings für extrem ambitioniert. Europa und dem Euro steht die Nagelprobe ganz eindeutig noch bevor.

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