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Freitagsfrage: Warum bleibt die EZB trotz Konjunkturhoch bei den Nullzinsen?

Am Donnerstag hat die EZB ihre neue Zinspolitik vorgestellt – und es ist die alte: Die Leitzinsen bleiben bei null Prozent, die Geschäftsbanken müssen weiter etwas dafür zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken und auch das milliardenschwere Anleihenprogramm wird fortgesetzt. Dabei brummt die Konjunktur. Was braucht es noch für eine Abkehr von der ultralockeren Zinspolitik?

In Europa und der Welt boomt die Konjunktur, die Prognosen sind zwar etwas verhaltener als zuvor aber immer noch gut und die Ölpreise steigen und könnten die Inflation anheizen. Klingt so, als wäre es an der Zeit, die Geldpolitik etwas zu straffen. Doch die EZB bleibt dabei: Alle Rohre stehen weiter auf Geldschwemme.

Das liegt wohl weniger an der aktuellen Situation als an den wackeligen Aussichten für die Zukunft. Denn wenn alles bleibt wie es ist, werden auch die kommenden Jahre gute laufen und die Wirtschaft könnte eine behutsame Straffung der Geldpolitik vertragen. Doch es gibt eben derzeit viele Risiken, dass etwas dazwischen kommt.

Das größte davon ist die US-Politik in Sachen Welthandel. Keiner wagt vorherzusagen, wie weit der Streit eskaliert und welche Folgen es für die europäische Wirtschaft dann geben wird. Nicht nur aus der direkten Konfrontation zwischen EU und USA sondern vor allem aus den Auswirkungen des Streits zwischen China und den USA. Die Abkühlung der Weltkonjunktur würde sicher auch die Eurozone treffen.

Und die muss ohnehin mit ein paar näherliegenden Problemen klar kommen. Derzeit wird darüber verhandelt, dass Kreditprogramm für Griechenland zu beenden. Das dürfte wohl gelingen, wird die Aufmerksamkeit aber wieder auf die Schuldenproblematik vielleicht auch andere EU Länder wie Italien lenken. Und noch ist nicht klar, was mit dem Brexit auf die Eurozone zukommt, weil einfach nicht klar ist, wie der Brexit aussehen wird.

Die EZB will deshalb lieber noch abwarten, und kann das auch, denn Inflationsdruck ist immer noch keiner entstanden.

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EuroPolitik
1Kommentar
  1. Lassen Sie mich ein kleines Zahlenspiel spielen, ich wähle willkürlich den französischen Staat.

    Die Staatsverschuldung von Frankreich liegt bei 97% des BIP, absolut ist das BIP ca. 2600 MRD USD (ca. 2100 MRD EUR), Quelle Wikipedia. Der Anteil der Steuereinnahmen in Frankreich am BIP liegt bei ca. 23% des BIP (Quelle de.theglobaleconomy.com/France/Tax_revenue/). Damit haben wir absolute Schulden von über 2000 MRD EUR, denen Steuereinnahmen von 483 MRD gegenüber stehen.

    10-jährige Staatsanleihen haben aktuell eine Rendite von 0,8%. Die genaue Zinslast für Frankreich habe ich nicht recherchiert, aber auf Basis von 0,8% p.a. und 2 Billionen Euro Staatsschulden kommen wir auf 16 Mrd Zinslast p.a. (tatsächlich wird es mehr sein) oder 3,3% der Steuereinnahmen. Der Posten ist nicht sonderlich bedeutend.

    Würden die Zinsen auf ein vernünftigeres Maß von 4% steigen, wäre die Zinslast verfünffacht auf 80 MRD oder über 16% des Steueraufkommens. Könnte Frankreich dies ohne neue Schulden finanzieren, dann hätten wir jetzt einen Überschuss und die Franzosen könnten tilgen. Das tun sie aber nicht, sie haben auch keinen entsprechend hohen Überschuss.

    Die EZB soll theoretisch unabhängig sein, praktisch wird sie aber mit ihrer Zinspolitik keinen Staat in den Ruin treiben, indem sie ihn zwingt, alte Schulden durch höhere neue Schulden zu bedienen. An der Zinsschraube kann deshalb so lange nicht ernsthaft gedreht werden, bis die Schulden reduziert sind. Da dies nicht durch absolute Rückzahlung passiert (wir sehen ja, dass dies auch in Deutschland schwer geht, anderswo geht's gar nicht), bleibt nur die relative Reduzierung in Bezug auf BIP und Steueraufkommen. Das geschieht durch Inflation, genauer gesagt durch finanzielle Repression.

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