Nach dem Wahldebakel ihrer CDU in NRW sehen viele darin eine Blaupause für die Abwahl Angela Merkels bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr. Aber vielleicht hängen Erfolg oder Mißerfolg der Kanzlerin viel stärker davon ab, ob das sozialistische Experiment ihres neuen französischen Partners Francois Hollande gelingt. Sind also die Franzosen die Versuchskaninchen für Deutschland?
Da sich die SPD bedingungslos hinter Hollandes Wirtschaftspolitik stellt und seinen Kampf gegen Fiskalpakt, starkes Sparen und Strukturreformen bejubelt, können die deutschen Wähler in den kommenden eineinhalb Jahren beobachten, ob eine Lockerung der Haushaltsdisziplin bessere Resultate zeitigt als der harte Weg der Kanzlerin. Und dann entscheiden, was für sie besser ist.
Deshalb sollten wir alle nicht nur wegen der Folgen für den Euro sondern auch wegen der ähnlichen Programme von SPD und französischen Linken besonders gut darauf achten, wie sich die Lage in Frankreich entwickelt. Die Chancen, dass es Hollande mit seinen populären, aber riskanten Maßnahmen gelingen wird, Frankreichs Rückstand zu Deutschland aufzuholen, stehen freilich nicht allzu gut. Wenn in einem Land, dessen Arbeitskosten in den zehn Jahren bis 2011 mehr als doppelt so stark gestiegen sind wie in Deutschland, das bei den Lohnnebenkosten vor allem wegen hoher Sozialversicherungsaufwendungen sogar Deutschland weit übertrifft und dessen staatliche Neuverschuldung viel zu hoch ist, sich den nötigen Reformschritten verweigert, lässt das nichts Gutes erahnen. Wachstum lässt sich so nicht kaufen, es muss erarbeitet werden.
Die Abgesänge auf Angela Merkels Kanzlerschaft könnten also verfrüht sein. Vor allem wenn es so weitergeht wie im ersten Vierteljahr 2012. Da hat Deutschland ein unerwartets starkes Wachstum um 0,5 % im Monats- und 1,7 % im Jahresvergleich hingelegt, Frankreich dagegen hinkt mit Nullwachstum weit hinterher. Hollande hat also viel zu tun – auch um die deutschen Wähler von einem Regierungswechsel zu überzeugen.
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