Die OPEC-Konferenz am kommenden Donnerstag sorgt an den Ölmärkten seit Wochen für Nervosität. Denn das Ergebnis der Verhandlungen wird die Richtung der Ölpreise für längere Zeit entscheidend beeinflussen. Die Zeichen stehen zwar klar auf Verlängerung der Förderkürzungen – aber unklar ist, für wie lange.
Seitdem die OPEC und die so genannte NOPEC, also die Ölförderer, die nicht dem Kartell angehören, gemeinsam die Produktion um 1,8 Millionen Barrel pro Tag gedrosselt haben, geht es mit dem Ölpreis aufwärts – mit rund 63 Dollar je Fass der Sorte Brent liegt er auf dem höchsten Niveau seit über zwei Jahren und mehr als doppelt so hoch wie am Tiefpunkt von Anfang 2016. Die Förderkürzung traf mit einer stärker wachsenden Weltwirtschaft zusammen – und beides gemeinsam hat den Ölpreis stärker nach oben getrieben, als es selbst Öl-Optimisten erwartet hatten. Bisher gilt die Limitierung der Produktion bis Ende März nächsten Jahres, am Donnerstag aber soll die Kürzung verlängert werden. Dass dies geschehen wird, gilt als sicher. Die Frage ist, ob die Förderbremse bis Ende 2018 gelten soll – oder aber länger oder kürzer.
An den Ölmärkten geht man derzeit von einer Verlängerung bis Ende nächsten Jahres aus. Falls es so kommt, hätte das vermutlich keine großen Auswirkungen auf den Ölpreis. Allerdings sehen vor allem amerikanische Energieanalysten das Risiko, dass Russland als wichtigster Produzent der NOPEC und zusammen mit Saudi Arabien Architekt der Förderkürzung, nur eine Ausdehnung um sechs Monate forciert. Denn Russland schaut nicht nur auf den kurzfristigen Preis sondern auch auf die langfristigen Auswirkungen. Ein zu starker Ölpreisanstieg würde die Produktion von US-Fracking-Öl begünstigen – denn bei Preisen über 60 Dollar wird es für viele amerikanischen Ölfirmen wieder attraktiv, neue Investitionen vorzunehmen und damit ihre Produktion nach und nach weiter zu erhöhen. Und das würde die Förderkürzungen von OPEC und NOPEC teilweise konterkarieren. Eine Ausweitung der Kürzungen nur um ein halbes Jahr würde an den Märkten vermutlich mit Enttäuschung und zumindest kurzfristigen Verlusten aufgenommen werden.
Es gibt aber auch noch eine andere Variante: Die Ölförderer wissen, dass die Märkte in der Vergangenheit nur auf positive Überraschungen bei ihren Konferenzen mit stabilen bis höheren Preisen reagiert haben. Deshalb gilt es als denkbar, dass die Förderbremse sogar um ein ganzes Jahr bis März 2019 ausgedehnt wird – und das würde den Ölpreisen einen Zusatzschub geben. Für diese Variante spricht auch, dass Saudi Arabien seine staatliche Ölfirma Aramco teilprivatisieren und beim Börsengang mindestens 100 Milliarden Dollar erlösen will. Das Geld brauchen die Saudis, um ihr ehrgeiziges Ziel eines Aufbaus einer ölunabhängigen Wirtschaft zu finanzieren.
Es wird also spannend in den nächsten Tagen. Und das gilt nicht nur für den Ölpreis. Denn wenn er weiter klettert, erreichen die Notenbanken ihr Inflationsziel von knapp 2 Prozent voraussichtlich früher als erwartet – und dann könnten die US-Leitzinsen stärker als bisher angenommen klettern und die EZB könnte früher als geplant ihre Nullzinsphase beenden.
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Spannender Artikel. Aber würde die EZB durch Ölpreissteigerungen ausgelöste Inflation nicht als einmaligen Vorgang werten und aus der Statistik nehmen? Müssten sich nicht erstmal Krisenstaaten wie Italien höhere Zinsen leisten können, bevor wir auch in Europa ins QT einsteigen?
In der kurzfristigen Betrachtung schaut die EZB tatsächlich mehr auf die Kernrate, also ohne Energie und Nahrung. Aber sie beobachtet auch die Inflationserwartungen und die so genannten Zweitrundeneffekt. Die Inflationserwartungen steigen in der Regel, wenn die offizielle Inflationsrate deutlich zulegt, und die Zweitrundeneffekte wirken, wenn z.B. Gewerkschaften höhere Lohnzuwächse verlangen, denn sie orientieren sich an der offiziellen und nicht der Kern-Inflation. Hinzu kommt, dass Öl in vielen Produkten, z.B. der Chemie, benutzt wird und ein höherer Preis so auf indirektem Weg die Inflation anheizt.