Arbeitsminister Hubertus Heil hat gestern etwas
Erstaunliches vollbracht: Mit der vagen Ankündigung, über eine Einbeziehung der
Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung nachzudenken, hat er dicke
Schlagzeilen produziert. Aber nachdenken heißt noch lange nicht handeln. Das
aber wäre bitter nötig, um die Rentenversicherung krisenfest zu machen.
Die Ungleichbehandlung von Beamten und Rentnern im Alter war schon immer ein Reizthema, aber
angesichts der wachsenden Angst vieler Menschen vor Altersarmut hat es in
jüngster Zeit an Brisanz gewonnen und ist sogar Thema bei TV-Talkrunden
geworden. Und im jüngsten Politbarometer des ZDF sprachen sich 82% für eine Einbeziehung der Beamten und Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung aus.
Dabei geht der Blick stets nach Österreich. Unser Nachbarland bezieht alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rente ein, außer den Beamten, bei denen aber das durchschnittliche Rentenniveau an das der übrigen Beschäftigten angepasst wurde. Also eine Gleichbehandlung in vollem Umfang. Zwar zahlen die Arbeitnehmer 10,25% ihres Bruttogehalts in die Rentenkasse, in Deutschland nur 9,3%, aber dafür ist das Rentenniveau sehr viel höher, bei gleichem Einkommen und Beitragsjahren um über 50%, inklusive einer 13. und 14. Monatsrente. Die Durchschnittsrente betrug 2016 in Deutschland 942 Euro pro Monat, in Österreich 1455 Euro. Davon gehen jeweils Kranken- und Pflegeversicherung sowie eventuell Steuern ab.
Dagegen nehmen sich deutsche Beamtenpensionen geradezu fürstlich aus. Obwohl die Staatsdiener nichts in die Pensionskasse einzahlen müssen, erhalten sie nach 40 Dienstjahren über 70 % – und das vom letzten, also höchsten Gehalt ihres Lebens. Das summiert sich zu einer durchschnittlichen Pension von monatlich knapp 3000 Euro und entspricht ziemlich genau der höchstmöglichen Rente von Arbeitern und Angestellten. Pensionen dagegen sind nach oben offen: Wer zuletzt in der Besoldungsstufe B11 war, erhält über 10 000 Euro monatlich, ein Grundschullehrer mit A12 „nur“ fast 3300 Euro. Pensionen sind zwar komplett zu versteuern, aber das werden Renten ab 2040 ebenfalls. Wer 2018 in den Ruhestand geht, ist immerhin schon für 76% seiner Rente steuerpflichtig.
Eine Einbeziehung von Beamten und Selbständigen wäre allerdings eine komplizierte und langwierige Angelegenheit. Es könnte wohl nur für Beschäftigte gelten, die neu ins Beamtenverhältnis übernommen werden, die anderen haben Bestandsschutz. Außerdem müsste der Staat plötzlich Sozialabgaben für seine neuen Staatsdiener zahlen. Das ist kurzfristig deutlich kostspieliger, als die Zahlungen in die ferne Zukunft zu verschieben, wenn die Beamten in Pension gehen. 2017 hat der Staat über 66 Milliarden Euro für Pensionen ausgegeben, Tendenz stark steigend.
Um dieses komplexe Gebilde zu entflechten, braucht es viel politischen Mut, vor allem den Mut, über die Einbeziehung von Beamten und Selbständigen nicht nur nachzudenken, sondern praktikable Vorschläge zu präsentieren. Aber geschehen muss bald etwas in diese Richtung, sonst gerät die Rentenversicherung spätestens ab 2030 in die Krise, und die Ungleichbehandlung wird zum sozialen Sprengstoff.
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