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Die Türkei ist attraktiv – wenn auch nicht jetzt

Ende vergangener Woche war ich auf Einladung der österreichischen Raiffeisen Capital Management zwei Tage in Istanbul unterwegs und habe dort verschiedene Firmen besucht. Die Türkei als Anlageland war das Thema und meine Bilanz ist gemischt. Einerseits bin ich fasziniert von der lebendigen Wirtschaft und den guten volkswirtschaftlichen Daten. Andererseits ist die Türkei eben doch ein Emerging Market mit all dem was das mit sich bringt: Chancen und Risiken.

Zunächst zu den Chancen: Ein Land mit rund 75 Millionen Menschen, die in Sachen Autos, Waschmaschinen und Wohnungen noch viel aufholen wollen, bevor sie europäische Standards erreichen. Das wird für Nachfrage sorgen, viele Branchen sind ohne Zweifel für Jahre wenn nicht Jahrzehnte auf Wachstum abonniert.

Gleichzeitig etabliert sich das Land in einigen Branchen als attraktiver Produktionsstandort. Die gute Ausbildung weiter Bevölkerungsschichten, die Lage zwischen den Absatzmärkten Europa und der arabischen Welt, Arbeitskosten, die immer noch deutlich unter denen in Westeuropa liegen, und nicht zuletzt die stabile politische Situation unter der Regierungspartei AKP sind echte Pluspunkte.

Andererseits: Die AKP wird in den anstehenden Wahlen im Juni vielleicht zu mächtig und den Staat mit einer neuen Verfassung alleine nach ihrer (auch religiös geprägten) Vorstellungen gestalten können. Der Konflikt mit den Minderheiten ist nach wie vor ungelöst, vor allem der mit den Kurden. Am Freitag töteten türkische Streitkräfte zwölf PKK Kämpfer im Grenzgebiet zum Irak.

Und: Das beeindruckende Wachstum ist mit einem hohen Zahlungsbilanzdefizit erkauft, dessen Finanzierung auf lange Sicht nicht gewährleistet ist. Die beeindruckenden Erfolge bei der Inflationsbekämpfung sind nun wieder in Gefahr. Noch ist die Wirtschaft zudem zu großen Teilen in der Hand einiger weniger Industriellenfamilien, die die wesentlichen Unternehmen des Landes kontrollieren. Und: Wie viel „Hot Money„, also kurzfristiges Geld derzeit in der Türkei schlummert und bei Problemen sofort abgezogen wird, weiß niemand. Aber es dürfte schon einiges sein.

Hände weg also von dem Land? Natürlich nicht, denn hätte die Türkei nicht diese Art von Problemen, wäre sie eben kein Emerging Market sondern ein entwickeltes Land. Das wäre sicherer, aber eben auch sicher auf die Dauer nicht so dynamisch – in Sachen Wirtschaft wie auch in Sachen Aktienmarkt.

Allerdings gilt natürlich auch für die Türkei: Emerging Market erfordern, dass der Anleger das Thema verfolgt und vor drohenden Rückschlägen rechtzeitig aussteigt. Und einen guten Einstiegszeitpunkt aussucht. Der ist derzeit nicht mal in Augen der Raiffeisen Capital Management günstig: Selbst Gregor Holek, Fondsmanager im Team Emerging Markets Equities und Türkei-Experte, glaubt, dass die Börse und Unternehmengewinne auf absehbare Zeit erst einmal ein Pause einlegen werden.

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