Kennen Sie die „12/60“-Regel? Demnach werden Lebensversicherungen, die einen hinreichenden Todesfallschutz bieten, mindestens zwölf Jahre laufen und erst nach dem 60. Lebensjahr zur Auszahlung kommen, derzeit steuerlich begünstigt: Nur die Hälfte der erzielten Erträge sind dann steuerplichtig – und zwar zum persönlichen Steuersatz. Das ist allerdings selbst beim Reichensteuersatz von aktuell 45 Prozent derzeit günstiger als die Vollbesteuerung der Erträge zum Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent, wie es derzeit etwa bei Fondssparplänen die Regel ist. Gut möglich, dass dieses Privileg bald dahin ist.
Wenn es nach dem finanzpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach, geht, soll das 12/60-Privileg auch auf andere Altersvorsorgesparverträge wie etwa Fondssparpläne ausgedehnt werden – eine langjährige Forderung des Fondsverbands BVI. Auf diese Weise erhofft man sich auf Seiten der Politik, dass die Bundesbürger mehr in die private Altersvorsorge investieren. Allerdings: Die geförderten monatlichen Sparraten sollen „angemessen gedeckelt werden“, so Flosbach, „um eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Förderung zu vermeiden“.
Für die Lebensversicherer wäre solch ein Schritt des Gesetzgebers aber auf jeden FAll ein erneuter Tiefschlag: Angesichts von Mini-Zinsen am Markt wird der Neuabsatz von Policen immer schwieriger. Nicht gerade ein Marketingargument ist auch, dass die Bundesregierung den Garantiezins, der ohnehin nur für den Sparanteil der Versicherungsprämie gilt, von derzeit 2,25 Prozent auf 1,75 Prozent absenken möchte. Die Folge: Vereinzelt stellen Versicherungen derzeit bereits ihr Neugeschäft komplett ein – oder sie verlagern das Kapitalanlagerisiko auf den Privatanleger, indem Sie verstärkt Versicherungen im Fondsmantel anbieten.
Während sich die Fondslobby freut, wehrt sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft gegen die Pläne der Unions-Fraktion und verweist Medienberichten zu Folge auf Steuerausfälle und darauf, dass einem Sparvertrag bei Bank oder Fondsgesellschaft jedes Bindungsmoment fehle, das für die Altersvorsorge wichtig sei. Fakt ist aber auch, dass Jahr für Jahr viele Verbraucher ihre Lebensversicherungen kündigen, weil sie die Raten nicht dauerhaft aufbringen können – und durch diesen Schritt gerade in den Anfangsjahren des Sparens noch immer satte Verluste einfahren. Auf das Bindungsmoment zu verweisen, klingt vor diesem Hintergrund geradezu zynisch.
Aus meiner Sicht ist das Vorhaben der Unions-Fraktion zu begrüßen. Für alle Produkte, die dem langfristigen Vermögensaufbau dienen, sollten steuerlich die gleichen Regeln gelten. Es ist nicht einzusehen, dass von Staats wegen ein Vorsorgeweg privilegiert wird. Die steuerliche Förderung an wenige (!) bestimmte Kriterien wie etwa die 12/60-Regel zu knüpfen, ist auf jeden Fall sinnvoll. Eine vielleicht noch bessere Alternative oder eine mögliche Ergänzung wäre es indessen, allen Bürgern jährlich etwa einen satten Sparerpauschbetrag einzuräumen, der Kapitaleinkünfte jeglicher Form in dieser Höhe freistellt. Die Bürger könnten dann selbst entscheiden, wie sie Geld fürs Alter ansparen – egal ob via Versicherung, Fonds, ETF, Anleihen, Aktien, Festgeld & Co. Aber das wird, so fürchte ich, wohl ein Wunschtraum bleiben.
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