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Der Professor rechnet mit vier bis fünf Prozent Inflation

Er gehörte zu den frühesten Warnern vor Währungsunion und Euro: Professor Manfred J.M. Neumann. Und jetzt ist sich der inzwischen emeritierte Wissenschaftler ziemlich sicher: Die Rettungsaktionen für Euro und europäische Schuldnerstaaten werden die Inflationsraten in den kommenden Jahrzehnten auf ein doppelt so hohes Niveau treiben wie in den vergangenen.

Vor seinem gestrigen Vortrag  im Münchner Ifo-Institut stellte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn seinen Professoren-Kollegen Neumann so vor: „Kein anderer in Deutschland versteht so viel von Geldpolitik und Geldtheorie wie er.“ Er lobte, dass Neumann schon 1992 einen Aufruf von 62 Ökonomen initiiert hatte, in dem er die Währungsunion als Gefahr für Europa bezeichnete. Sinn, inzwischen der wortmächtigste Euro-Kritiker, räumte ein, dass er ebenso wie viele andere Wissenschaftler damals noch von der Idee des Euro „euphorisiert“ war.

1998 scharte Neumann sogar 155 Ökonomen um sich, die in einer Studie warnten: „Der Euro kommt zu früh“. Er verwies darauf, dass die damaligen Hauptkritikpunkte – mangelnde Budgetdisziplin und mangelnde Arbeitsmarktflexibilität – auch tatsächlich zum Sprengstoff für den Euroraum geworden seien. Die stark wachsende Staatsverschuldung der Südländer hänge eng mit deren nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit zusammen. Ihre Produktivität habe sich im Vergleich zu Deutschland dramatisch verschlechtert. Hier anzusetzen, führe kein Weg vorbei.

Neumann nahm vor allem die Geldpolitik seit dem Amtsantritt Mario Draghis als EZB-Chef ins Visier. Unter dessen Regie sei die EZB „auf Abwege geraten“. Das sei schon daraus ersichtlich, dass er mit seinen langfristigen Refinanzierungsgeschäften und seinen Staatsanleihenkäufen die Geldbasis der EZB dramatisch in die Höhe gejagt habe – um 600 Milliarden Euro auf 1,8 Billionen. Dagegen sei die Geldbasis nach der Lehman-Pleite nur um 250 Milliarden Euro ausgeweitet worden.

Der ehemalige Bonner Professor rügte nicht nur die Geldschwemme der EZB, sondern mehr noch, dass Draghis Ankündigung unbegrenzter Staatsanleihenkäufe mit einem Demokratie-Defizit behaftet sei. „Die Entscheidungen der EZB können zu Steuererhöhungen führen,“ wenn aufgekaufte Staatsanleihen nicht zurückgezahlt würden. Steuern aber seien Sache von Politikern, nicht von Beamten. Noch mehr Ungemach kommt auf Euroland laut Neumann zu, wenn die EZB wie geplant die Bankenaufsicht bekomme. So eine Konstruktion sei tendenziell inflatorischer, als wenn eine Notenbank nur für den Geldwert zuständig ist.

Das Fazit des Professors: „Wir müssen uns an mehr Inflation gewöhnen“. Neumann geht davon aus, dass sich die Inflationsraten im Euroraum in den kommenden 20 bis 30 Jahren auf einem Niveau von vier bis fünf Prozent jährlich bewegen werden – gegenüber rund zwei Prozent in den vergangenen Jahrzehnten.

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