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Das Lebensversicherungs-Drama geht in den letzten Akt

Seit fast zwei Jahren schon geht der erbitterte Streit um die milliardenschweren Bewertungsreserven der Lebensversicherungen. Nun aber steht die endgültige Entscheidung anscheinend kurz bevor. Die hälftige Beteiligung der Kunden an den stillen Reserven von Anleihen wird gekippt, Für so manchen Versicherungskunden kann es vorteilhaft sein, jetzt noch schnell zu handeln.

Im Herbst 2012 war alles schon in Gesetzesform gegossen – aber der Bundesrat hat damals noch dazwischengefunkt und alles beim Alten belassen in Sachen Bewertungsreserven. In den nächsten Wochen aber dürfte die Regierung die vom Bundesverfassungsgericht festgelegte Pflicht, den Kunden nach Vertragsablauf oder Kündigung 50 Prozent der stillen Reserven auf Anleihen auszuzahlen, mit einem neuen Gesetzespaket doch kippen. Die Regierung kommt damit dem Drängen der Versicherungslobby, des Aufsichtsamts BaFin und der Bundesbank nach, die Bewertungsreserven angeblich gerechter zu verteilen und so das Produkt Lebensversicherung zu stabilisieren.

Das Problem ist deshalb so groß, weil ältere lang laufende Anleihen infolge des Absturzes der Zinsen  erheblich an Wert gewonnen haben. So notiert beispielsweise die 6,5prozentige Bundesanleihe von 1997 mit Laufzeit bis 2027 derzeit mit knapp 153 Prozent. Gemessen am Emissions- und Rückzahlungskurs von 100 Prozent bedeutet das einen Buchgewinn von 53 Prozent, wovon die Hälfte den ausscheidenden Versicherungskunden zugute kommen muss – also 26,5 Prozent. Das soll sich jetzt ändern, weil Bewertungsreserven nicht mehr ausgeschüttet werden müssen. Begründung: Die Buchgewinne schmelzen ja bis zur Rückzahlung zu 100 Prozent wieder komplett ab.

Da der Stichtag für das neue Gesetz der Tag der Verabschiedung des Entwurfs im Kabinett sein soll, heißt das, dass Kunden von Lebensversicherungen, deren Vertrag in den nächsten Jahren ausläuft, mit einer raschen Kündigung erheblich mehr ausgezahlt bekommen als im Fall einer Rückzahlung am Ende der Laufzeit.

Dass es hier nicht um Peanuts geht, zeigen die Zahlen: Mitte 2013 betrugen die Bewertungsreserven mehr als 60 Milliarden Euro, davon haben die Kunden, deren Policen im vorigen Jahr zurückgezahlt wurden, mehr als drei Milliarden Euro erhalten. Bei größeren Versicherungssummen kommen da leicht 10 000 Euro und mehr an Unterschied heraus. Hier lohnt es sich also, ganz schnell von der Versicherungsgesellschaft die aktuelle Ablaufleistung mit und ohne Bewertungsreserven abzurufen oder einen Versicherungsfachmann/frau zu kontaktieren.

Die durch die Gesetzesänderung eingesparten Milliarden sollen größtenteils denjenigen Versicherungskunden zugute kommen, deren Verträge noch lange laufen. Die profitieren davon, dass die Versicherung dann nicht Anleihen mit noch hohen laufenden Zinsen (wie den 6,5 Prozent im obigen Beispiel) verkaufen und neue Gelder zu nicht einmal zwei Prozent anlegen müssen. Vor allem aber, und das ist wohl der Hauptgrund dafür, dass die Regierung die Bewertungsreserven kippen wird, soll dadurch die Stabilität der Lebensversicherungsunternehmen erhöht und Pleiten vermieden werden.

Der Politik liegt nun einmal sehr daran, dass das Anlagevehikel, das mit Abstand am meisten zur privaten Altersvorsorge genutzt wird, nicht absäuft. Jetzt rächt es sich, dass jahrzentelang einseitig Versicherungslösungen steuerlich bevorzugt und damit die Bürger in Lebensversicherung + Co. getrieben wurden. Deshalb versucht die Regierung nun alles, um die in der Niedrigzinsphase arg ramponierte Sicherheit der Lebensversicherung zu verbessern.

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1Kommentar
  1. Habe in den letzten zwei Wochen einen heftigen Strauß mit meiner LVGesellschaft geführt: Ergebnis: Vortrag vorzeitig auf heute gekündigt, Bewertungsreserven erhalten, (7% der Versicherungssumme) ca. 1/4% in der Überschussbeteiligung verloren.
    Musste dazu allerdings die BaFin einschalten, das hat der LVGesellschaft nicht gefallen.
    Ich rate jedem, der in diesem Jahr eine langlaufende LV ausbezahlt bekommt, vorzeitig zu kündigen: das Risiko ist gering und es besteht eine kleine Chance, dem Kabinett zuvorzukommen.

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