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Commerzbank – geldverstaendlich oder geldvertrieblich?

Eines wissen wir – dass die Bundesbürger in Sachen finanzielle Allgemeinbildung nicht viel Durchblick haben. Wie gut, dass es da die Banken gibt. Denn manche von ihnen versuchen uns zu erklären, wie Geldanlage, Finanzen und Vorsorge funktionieren. Klar, das ist nicht ganz uneigennützig. Trotzdem es gibt gravierende Unterschiede.
Das beweist ein Blick auf die beiden Portale www.finanzversteher.de und www.geldverstaendlich.de. Finanzversteher der Direktbank ING-DiBa ging Mitte September genau am zweiten Jahrestag des Lehman-Kollapses live. Diese Woche nun präsentierte die Commerzbank das Portal www.geldverstaendlich.de. Doch die Unterschiede sind groß.

Das werbefreie Portal www.finanzversteher.de präsentiert knappe, übersichtliche Informationen zu wichtigen Fragen rund um die Themen Geldanlage und Altersvorsorge – in durchaus verständlicher Sprache. Zwar gibt es keinen Link auf ihre eigene Website, doch die Direktbank machte beim Start keinen Hehl daraus, dass sie sich von finanzversteher.de auch etwas verspricht: „Als Direktbank profitieren wir davon, dass Kunden in Finanzfragen gut informiert sind und selbst entscheiden können.“ User können sich Informationen zu ihrer eigenen Lebenssituation anzeigen lassen. Es finden sich auch diverse Rechner, etwa zu Sparplänen, und Analysetools, beispielsweise zu der Frage, welche Anlageformen auf welche Sicht bei welcher Risikoeinstellung geeignet sind. Ein Ampelsystem ermöglicht die grobe Orientierung. Tagesgeldanlagen – ein Kernprodukt der ING-DiBa – kommen zwar besonders gut weg, aber damit liegt sie auf einer Linie mit Verbraucherschützern. Infos zu komplexen Produkten wie Zertifikaten oder Optionsscheinen gibt es allerdings nicht – was wiederum zur Ausrichtung der Direktbank ING-DiBa passt.

Bei finanzversteher.de findet sich nur unten rechts der zarte Hinweis, dass das Portal durch die ING-Diba unterstützt wird. Die Commerzbank dagegen übt sich nicht in solcher Zurückhaltung. Da nimmt es auch nicht Wunder, dass Experten der Bank auf der Site zu Wort kommen, wenn etwa der Chefvolkswirt des Instituts zur Inflation befragt wird. Das Portal der Commerzbank informiert derzeit über Geldpolitik insbesondere aus volkswirtschaftlicher Perspektive, über Vorsorgefragen und Immobilienerwerb. Geldanlage soll erst 2011ebenfalls beleuchtet werden. Auch die Commerzbank möchte „Verbrauchern mehr Kompetenz in Geld- und Finanzfragen vermitteln“, so Privatkundenvorstand Detlev Dietz.

Allerdings ist fraglich, ob das mit diesem Portal gelingt; ausgefeilte Vergleichstools fehlen bislang. Doch was gravierender ist: Man wird den Eindruck nicht los, dass eher die Vertriebspropaganda als die neutrale Aufklärung im Vordergrund stehen. So fällt auf, dass zur Riester-Rente, aber gerade auch zur Rürup-Rente kritische Aspekte wie insbesondere zum Teil hohe Kosten bei einzelnen Produktvarianten oder bei der Rürup-Rente die rigide Ausgestaltung ausgeblendet werden. Statt dessen werden die Steuervorteile stark betont. Zu Kosten findet sich überhaupt kaum etwas. Ein anderes Beispiel: Beim Thema Eigenheim finden sich überraschende Sätze wie diese: „Zahlreiche Argumente sprechen für die eigene Immobilie. Oft jedoch schrecken gerade jüngere Menschen vor einem Kauf oder Bau zurück. Häufig wird der Aufwand während der Bau- und/oder Kaufzeit über- und die eigenen finanziellen Möglichkeiten unterschätzt.“ Letzteres hatte ich eigentlich genau umgekehrt in Erinnerung.

Doch besonders ärgerlich finde ich folgendes: Bei der Darstellung der deutschen Bankenlandschaft findet sich eine Passage, in der die unrühmliche Rolle mancher Landesbanken in der Finanzmarktkrise dargestellt wird. Über die eigene Rolle dagegen – immerhin wurde die Commerzbank im Herbst 2008 teilverstaatlicht und mit einer satten Finanzspritze des deutschen Steuerzahlers gesponsert –, habe ich an dieser Stelle nichts gefunden. Eine solche Gedächtnislücke wirkt nicht besonders vertrauenserweckend. Schade, damit hat die Bank eine Chance vergeben. Vor ein paar Jahren hat sie das schon mal deutlich besser gemacht – beim Commerzbank Ideenlabor, das dazu beitrug, einen sehr brauchbaren Kanon zur finanziellen Allgemeinbildung zu erarbeiten. Doch das war lange vor der Finanzkrise.

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