Unser Blog zu Geldanlage, Börse und ETF

Home » Unser Blog zu Geldanlage, Börse und ETF » Allgemein » Steuerskandal – sind wir nicht (fast) alle ein bisschen Hoeneß?

Steuerskandal – sind wir nicht (fast) alle ein bisschen Hoeneß?

Scheibchen für Scheibchen kommen immer weitere peinliche Details der Steueraffäre um Bayern-Boss Uli Hoeneß ans Licht. Gegen ihn soll sogar ein Haftbefehl ergangen sein, der nur gegen Zahlung einer saftigen Kaution von fünf Millionen Euro außer Vollzug gesetzt wurde, berichten die Süddeutsche Zeitung und die Passauer Neue Presse heute übereinstimmend. Der Fall Hoeneß ist mal wieder ein Musterbeispiel dafür, wie man Krisenkommunikation auf keinen Fall machen sollte – aber vor allem ein Prüfstein für unser aller Verständnis von Steuerehrlichkeit.

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue, unangenehme Details in der Steuercausa Hoeneß veröffentlicht werden. Ich bin gespannt, wie lange Hoeneß das durchhält, ein deutscher Politiker in seiner Situation wäre vermutlich längst und mit Recht geschasst worden. Man muss sich wirklich wundern, dass ein Vollprofi wie Hoeneß in der Krisenkommunikation nicht besser beraten wurde. Statt auf einmal reinen Tisch zu machen, wie es der Bayern-Manager eigentlich auch beim Fiskus machen sollte und offenbar auch wollte, kommt nun peu à peu die Wahrheit auf den Tisch.  Die Welle der Empörung, der sich Hoeneß konfrontiert sieht, wird auf diese Weise noch lange nicht abebben.

Und das ist auch ganz gut so. Denn gerade die Vorzeigefiguren aus Wirtschaft, Sport und Gesellschaft, die gerne Wein trinken, aber Wasser predigen, sollten einmal über ihr Verhältnis zu dem Staat und der Gesellschaft, denen sie ihre Stellung verdanken, nachdenken. Gleiches gilt aber genauso für die unzähligen Steuermauschler unter uns. Eine kleine Liste zur Überprüfung Ihrer Steuermoral – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

 – Haben Sie Ihre Putzfrau, die Ihnen wöchentlich die Bude auf Vordermann bringt, bei der Mini-Job-Zentrale registriert? Und wenn sie öfters kommt: Haben Sie sie ordnungsgemäß angestellt, führen Steuern, Renten- und Krankenversicherungsbeträge für sie ab ebenso wie die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung?

– Haben Sie immer alle Ihre Handwerker ordnungsgemäß gegen Rechnung bezahlt?

 – Trennen Sie immer haarklein, wenn Ausgaben beruflich oder privat veranlasst sind – ein Mittagessen mit Freunden als Geschäftsessen abzurechnen, käme Ihnen nie in den Sinn?

– Fragen Sie immer nach, wenn Sie zum Beispiel in einem kleinen Laden einkaufen, Sie aber keinen Kaufbeleg erhalten und das Geld offensichtlich nicht in der Kasse landet?

Schön für die Gesellschaft und damit uns alle, wenn Sie alle Antworten rundheraus im Brustton der Überzeugung mit „Ja!“ beantworten können. Die Frage ist, wie viele das wirklich können.

Fakt ist: Wie schick Steuervermeidung gerade unter Wohlhabenden hierzulande zumindest ist der jüngsten Vergangenheit war, zeigen folgende Zahlen: Allein die von Nordrhein-Westfalen erworbenene Steuer-CDs aus der Schweiz betrafen mehr als 9300 Deutsche, sie führten zu knapp 8000 Selbstanzeigen Schweiz-Bezug in NRW und brachten sage und schreibe rund 670 Millionen Euro ein.

Es soll aber auch Wohlhabende geben, die steuerehrlich sind und Menschen mit geringem Einkommen, die es nicht so genau nehmen! Und sogar moralische Menschen vermeiden manchmal Steuern, stellt etwa der Steuerpsychologe Erich Kirchler klar.

Den meisten Deutschen dürfte klar sein, dass Steuern nötig sind, damit es öffentliche Sicherheit, Schulen und vernünftige Straßen gibt, doch darum wollen sie sie noch lange nicht gerne selbst zahlen. Aber dass andere zahlen, ist ihnen sehr wichtig. Vielleicht sollte jeder für sich auch einmal darüber nachdenken, wie wichtig es ihm ist, in einem Land zu leben, in dem doch vieles relativ gut und reibungslos funktioniert.

 „Wer unter Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“, heißt es schon im Neuen Testament (Johannes 8, 7). Damit möchte ich nicht das Handeln von Uli Hoeneß entschuldigen, sondern nur zu etwas mehr Ehrlichkeit in einer manchmal auch scheinheiligen Debatte ermuntern.

Klar ist aber auch: Ein Steuersystem mit möglichst breiter Bemessungsgrundlage und wenigen, besser keinen Möglichkeiten, hier und da Steuern zu vermeiden durch die Ausnutzung diverser Schlupflöcher sollte ein Ideal sein, dem Steuerpolitiker so gerecht wie möglich werden sollten. Denn wenn alle ihren Beitrag zahlen, könnte die prozentuale Steuer- und Abgabenbelastung für alle sinken – und das System als gerechter empfunden werden. Ich bezweifle aber trotzdem, dass selbst dann jeder auf einmal liebend gerne seine Steuern zahlt.

Weitere Beiträge
Schlagwörter:
Politik
3 Kommentare
  1. Ich bin nicht der Meinung, dass wir alle ein wenig Hoeneß sind… Wenn ich nur 100 Euro Gewerbesteuer nicht zahlen würde, dann hab ich sofort ne Kontopfändung. Letztendlich geht es bei U.H. um Millionen!

  2. Auch ich kann mich nur der Meinung von Thomas Eckert anschließen. Wir Bürger und Steuerzahler in Deutschland sind eben nicht alle ein bischen Hoeneß! Nein, wir Otto-Normalbürger haben eben nicht das Geld, um hier so massiv Steuern und Sozialbeiträge zu hinterziehen, wie es ein Herr Hoeneß, ein Herr Zumwinkel und auch ein Herr Schäuble (CDU-Spendenaffäre mit den Geldkoffern) getan haben.

    Daher stellt dieser Artikel hier eine absolute Unverschämtheit und eine widerliche Generalverdächtigung von allen Bürgern in Deutschland dar!!

    Darüber hinaus hätte ein Herr Hoeneß als Arbeitgeber seiner Würstchenfabrik, als Promi aus der Werbung und gerade auch als Präsident des FC Bayern wissen müssen, dass Steuerbetrug auch ein Sozialbetrug ist.

    Außerdem an die Blogverfasser: wir reden hier über einen Steuerbetrug von weit jenseits dieser aktuell genannten 3,2 Millionn Euro! Denn in dieser Summe sind die hinterzogenen Steuern aus diesen 20 Millionen Euo von diesem Ex-Adidas-Boss Dreyfus noch gar nicht mal eingerechnet!!

    Darübre hinaus sollten die Blogverfasser auch wissen, dass Steuerbetrug und Sozialbetrug in Deutschland strafbar sind: die Mindeststrafe für sowas liegt bei 5 Jahren Haft und bei schweren Fällen sogar bei 10 Jahren Freiheitsstrafe. Die gesetzliche Grundlage dafür bilden der § 370 AO und § 266a StGB in Verbindung mit § 261 StGB.

    Dazu können die Blogverfasser hier nachlesen:

    dejure.org/gesetze/AO/370.html

    dejure.org/gesetze/StGB/261.html

    dejure.org/gesetze/StGB/266a.html

    Daher ist dieser Versuch von Herrn Hoeneß, hier einer Bestrafung zu entgehen darüber hinaus sogar absolut verfassungswidrig sowie rechtswidrig. Warum dass so ist? Ganz einfach: das betrifft nämlich den § 257c StPO (Was darf eine solche "Verständigung" enthalten und was nicht). Dazu hier nachlesen:

    dejure.org/gesetze/StPO/257c.html

    @ Blogverfasser: was steht da ganz deutlich in Absatz 2 drin, hmmm?? Ganz genau, dass hier:

    [quote](2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.[/quote]

    Und damit versucht Herr Hoeneß hier illegalerweise auf den Schuldspruch sowie auf das zu erwartende Strafmaß Einfluss zu nehmen, obwohl dass Verboten ist!!

  3. Daher kann ich den Staatsanwälten hier nur empfehlen, diesen Deal nicht anzunehmen, da sie ansonsten übelsten Ärger mit dem Bundesverfassungsgericht zu erwarten hätten, dass diese schon einmal wegen genau diesem Verhalten abgemahnt hat. Siehe dazu hier:

    spiegel.de/panorama/justiz/verfassungsgericht-billigt-deal-im-strafprozess-a-889598.html

    [quote]Die Verfassungsrichter kritisierten, dass sich die gerichtliche Praxis "in erheblichem Umfang" über die 2009 beschlossenen gesetzlichen Regelungen hinwegsetze. Sollte sich das nicht ändern, drohe ein verfassungswidriger Zustand. Dies sei nicht nur als Hinweis an den Gesetzgeber zu verstehen, der gegebenenfalls nachjustieren müsse, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. "Es ist zugleich eine sehr ernst gemeinte Mahnung an alle Akteure in einem Strafverfahren."[/quote]

    Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht auch ganz klar gesagt, dass solche informellen Absprachen in Zukunft ein zwingender Revisionsgrund sind:

    [quote]Die beliebten informellen Absprachen noch vor Prozessbeginn und außerhalb des Gesetzes seien unzulässig, betonten die Karlsruher Richter. Solch ein verkürzter Prozess sei künftig "in der Regel" ein Revisionsgrund.[/quote]

    Sollten sich die Staatsanwälte und Richter hier also nicht daran halten, steht eine neue Klatsche der Verfassungsrichter zu erwarten und dann könnte es mit diesen "Verständigungen" ganz schnell wieder Essig sein!!

    Zusätzlich bricht dieses Verhalten von Herrn Hoeneß sogar noch den Absatz 1 aus Artikel 3 GG, in dem es heißt:

    [quote](1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.[/quote]

    Fazit: auch ein Herr Hoeneß muss hier vom Gesetz genauso belangt werden wie alle anderen Steuerbetrüger auch und dass bedeutet nichts geringeres als dass Herr Hoeneß genauso ins Gefängnis muss!!

Themen

Archiv

Autoren

Blog abonnieren

Unsere Bücher

Alle Bücher

Unser Team