Die Börsenturbulenzen im Sommer haben vielen Zertifikateanlegern einen Strich durch die Renditerechnungen gemacht. Beispielsweise sind bei zahlreichen Bonuszertifikaten die Barrieren gerissen, weshalb die Anleger nun auf die erhofften Bonusrenditen verzichten müssen. Eine mathematische Kennzahl könnte Anlegern helfen, dieses Risiko schon vor dem Kauf oder in turbulenten Marktphasen besser einzuschätzen. Doch die Emittenten am deutschen Markt wollen sie nicht unbedingt.
In der Schweiz können Anleger sich seit März 2011 an der sogenannten Barrier Hit Probability (BHP) orientieren. Das Analysehaus Derivative Partners berechnet sie für Zertifikate und Hebelprodukte mit Barrieren und veröffentlicht sie kostenlos im Internet. Die BHP wird in Prozent angegeben und zeigt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Sicherheitsschwelle eines Derivats gerissen wird.
In der deutschen Derivatebranche ist die Kennzahl umstritten. Zum einen befürchten die Emittenten, dass die Anleger mit der Masse an Kennzahlen überfordert sein könnten. Denn sie werden bereits mit Kennzahlen wie dem Hebel, der erwarteten Rendite, dem Risikomaß Value-at-Risk sowie den Kennzahlen Alpha, Delta, Gamma, Vega und Rho konfrontiert. Ganz ehrlich: Viele davon sind verwirrender als die BHP.
Zum anderen begründen die Emittenten ihre Skepsis damit, dass die BHP Anleger aufs Glatteis führen könnte. Denn sie verändert sich beständig – entsprechend der Volatilität und des Kursverlaufs des Basiswertes, auf den sich das Derivat bezieht. Anleger könnten sich in Sicherheit wähnen, Veränderungen nicht schnell genug mitbekommen und Anbieter möglicherweise verklagen, wenn es zu unerwarteten Barrierebrüchen kommt, so lautet die Sorge.
Aber: Anleger wissen, dass sich die Märkte und damit das Risiko beständig verändern. In der ganzen Diskussion um die BHP sollte man bedenken, dass Anleger die Wahrscheinlichkeit eines Barrierebruchs tendenziell unterschätzen. Gerade deshalb ist es wichtig, das Risiko zu zeigen. Daher sollten Emittenten und Internet-Portale für Anleger die Kennzahl BHP einführen. Dabei sollten sie darauf achten, dass die Informationen vergleichbar sind. Denn die BHP ist nur bedingt aussagekräftig, wenn jeder Emittent andere Kriterien zugrundelegt. Daher wäre es wünschenswert, dass sich die Branche auf ein einheitliches Berechnungsverfahren einigt. Sinnvoll erscheint es, die Kennzahl – ebenso wie die Schweizer – in Prozent für die kommenden zehn Tage sowie bis zur Endfälligkeit zu veröffentlichen.
Anstelle des englischen Begriffs „Barrier Hit Probability“ oder der deutschen Variante „Barriereeintrittswahrscheinlichkeit“ wäre „Risiko des Barrierebruchs“ eine sinnvolle Übersetzung. Es wird Zeit, dass die BHP auch in Deutschland Einzug hält. Die bislang ablehnende Haltung der Branche passt im Übrigen gar nicht zu dem Image, das sie sich selbst gern verpasst: besonders transparent zu sein.
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Da bewahrheitet sich mal wieder: "Wer hat's erfunden? Die Schweizer" – Ein Witz, dass es das in Deutschland noch nicht gibt. (Könnte man sich ja auch en bloc kaufen – von den Schweizern. Sofern die noch Euros annehmen.)
Die Kennzahl ist für den Anleger einfach verständlich und transparent. Erwähnen muss man aber sicherlich, dass sie nicht für alle Zertifikate genutzt werden kann, da nicht alle Zertifikate eine Barriere haben.
Aber solange die Verbindung zwische EDG und DDV so eng – nahezu mafiös – bleibt, wird man hier nichts erwarten können. Hier wurde ein künstliches Monopol zugunsten der EDG geschaffen und das Ganze resultiert in den vollständigen Verkauf der EDG an die vwd group Ende 2011 für einen hohen einstelligen Millionenbetrag. Damit sollte sich die Presse mal beschäftigen.