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Mittelstandsanleihen – nur was für Narren?

Und wieder ist gestern eines pleite gegangen – ein Unternehmen, das Mittelstandsanleihen ausgegeben hat: der Lebensmittelhersteller Zamek. Die schlechten Nachrichten aus dem jungen Börsensegment reißen nicht ab. Aber eine Erfolgsmeldung gibt es. Die Börse Düsseldorf und einige Unternehmen stellen beim Rosenmontagszug in Düsseldorf einen eigenen Motiv-Wagen, der für Mittelstands-Bonds trommeln soll. Mittelstandsanleihen also ein Fall für Narren?

Die Bilanz ist verheerend: In den letzten vier Jahren sind nun schon 18 der bisher rund 120 Unternehmen, die Mittelstandsanleihen platziert haben, insolvent geworden – das sind 15 Prozent! Vor allem Privatanleger leiden unter der schlechten Bonität der Emittenten, denn sie sind es vor allem, die die Hochzinsanleihen kaufen, angelockt von Zinsen, die in der Regel zwischen sieben und neun Prozent liegen. Dass dieser Renditeaufschlag von mehr als sechs Prozent zu sicheren Bundesanleihen  untrennbar mit mehr Risiko einhergehen müssen, scheinen viele Sparer zu verdrängen.

Und sogar das evangelische Stadtdekanat München hat sich in einem aufsehenerregenden Fall gehörig die Finger verbrannt, weil es fast die Hälfte seiner Rücklagen in Mittelstandsanleihen gesteckt hatte – und damit sehr viel Geld verloren hat. Übrigens: die mit 7,75 Prozent verzinste 45-Millionen Anleihe der „Günther Zamek Produktions- und Handelsgesellschaft mbH + Co. KG“ wird jetzt mit 70 Prozent Abschlag gehandelt – angesichts eines Jahresverlustes von zuletzt 12 Millionen Euro bei 74 Millionen Umsatz kein Wunder. Dass der Kurs nicht noch tiefer steht, ist vor allem dem Immobilienbesitz des Unternehmens zu verdanken, der als Sicherheit dient.

Eigentlich war es eine gute Idee, angesichts der durch die Eigenkapitalknappheit vieler Banken verursachten Zurückhaltung bei der Mittelstandsfinanzierung vermehrt auf Bonds statt auf Kredite zu setzen. Nur leider haben zu viele Firmen zu diesem Instrument gegriffen, denen das Wasser bis zum Hals stand und die vermutlich auch in normalen Zeiten kaum ausreichend Bankkredite erhalten hätten. Da konnte es nicht ausbleiben, dass trotz relativ guter Konjunktur allein im vorigen Jahr zehn Emittenten von Mittelstandsbonds in die Insolvenz marschiert sind und viele Anleger viel Geld verloren haben.

Nun kann man die hohe Insolvenzquote bei Mittelstandsanleihen als Kinderkrankheiten abtun, die sich legen werde, sobald der Markt erst einmal erwachsen geworden ist. So einfach aber sollten es sich die Börsenbetreiber, die begleitenden Finanzinstitute und Berater sowie die Unternehmen im eigenen Interesse nicht machen. Sie sollten vielmehr gemeinsam daran arbeiten, verbindliche Standards und ein besseres Informationssystem mit verlässlichen Ratings zu installieren. Damit solide Unternehmen weiterhin mit Mittelstandsbonds ihr Wachstum finanzieren können und nicht von den schwarzen Schafen mitgerissen werden. Und damit in Zukunft nicht nur Narren auf Mittelstandsanleihen stehen, sondern auch ganz normale Anleger.

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