Die Proteste waren erfolgreich: Die ursprünglich ab 2013 geplanten Kürzungen bei den Auszahlsummen von Lebensversicherungen sind wohl vom Tisch – zumindest bis zur Bundestagswahl. Und das ist gut so.
CDU-Vizeboss Michael Meister hat nach dem erfolglosen Ringen von Befürwortern und Gegnern des neuen Gesetzes im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gesagt: „Es wird in dieser Legislaturperiode mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Einigung geben“. Was bedeutet das? Zunächst einmal, dass alles beim Alten bleibt: Versicherungskunden, die ihren Vertrag ausbezahlt bekommen – egal, ob nach Ablauf oder vorzeitiger Kündigung – haben also weiterhin Anspruch auf die Hälfte der Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere. Und das ist eine Menge Geld.
Nach Daten der Versicherungsaufsicht BaFin sollen sie sich auf gut 75 Milliarden Euro belaufen. Sie kommen dadurch zustande, dass die Anleihenkurse steigen, wenn die Marktrenditen fallen – und das haben sie vor allem seit Ausbruch der Finanzkrise kräftig getan. So manche langlaufende Anleihe aus früheren Jahren notiert jetzt mit 120 oder gar mehr Prozent. Allein seit Anfang 2011 haben sich deshalb die Bewertungsreserven von 2,7 auf die genannten 75 Milliarden Euro verdreißigfacht. Davon profitieren die Kunden, die ihre Auszahlungen in der Niedrigzinsphase bekommen, zur Hälfte. Und das päppelt zurzeit die ansonsten immer mickriger werdenden Renditen von Lebensversicherungspolicen auf – in manchen Fällen erhöhen sie die Auszahlungssumme um runde zehn Prozent.
Das Problem an der Regelung liegt im Kursverlauf von Anleihen. Die Notierungen klettern zwar mit fallenden Renditen – aber sobald sie wieder zu steigen anfangen, fallen sie auch wieder. Und am Ende der Laufzeit bekommen die Versicherungen stets 100 Prozent heraus – egal, wie hoch einmal der Kurs zwischenzeitlich war. Kunden, die jetzt einen Vertrag abschließen, leiden also unter der Regel, weil für sie Kursverluste bei den Anleihen quasi programmiert sind.
Trotzdem sollte man alles so lassen wie es ist. Wenn ein Versicherungskunde als Privatmensch sein Geld in langlaufenden Anleihen angelegt hätte, würde er jetzt auch von den Kursgewinnen profitieren, da ist es nicht erklärbar, warum er als Mitglied des Versicherungskollektivs schlechter gestellt sein sollte. Klar, für die neuen Kunden sieht es nicht so gut aus – aber das würde es auch bei der eigenen Anlage in Anleihen zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Denn auch da drohen ihnen Kursverluste.
Ich denke, dass das alte Gesetz eine gute Mischung darstellt, die die Interessen von Alt- und Neukunden ausgleicht. Weil ja nicht die gesamten Bewertungsreserven ausgeschüttet werde,n sondern nur die Hälfte, werden die Segnungen und Lasten der Zinsentwicklung gleichmäßig verteilt. Und bei Aktien und Immobilien war ohnehin nie geplant, die Auszahlung der halben Bewertungsreserven einzuschränken. Vielleicht kommen die Versicherungsmanager ja jetzt endlich auf die Idee, nicht alles auf die Karte Anleihen zu setzen, sondern die Minimalanteile an Aktien und Immobilien etwas aufzustocken.
Weitere Beiträge
0 Kommentare