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Hört endlich auf mit den Sanktionen

In wenigen Tagen wollen die EU und vermutlich auch die USA eine neue Sanktionsrunde gegen Russland starten. Ein gefährliches Unterfangen. Denn der augenblicklich sehr wackeligen Konjunktur in Euroland könnte das den Todesstoß versetzen – und damit die Gefahr eines Wiederauflebens der Finanzkrise erheblich vergrößern.

Die jüngsten Konjunkturdaten sind wirklich alles andere als erfreulich: Die Einkaufsmanagerindizes im Euroraum gehen deutlich zurück, der ifo-Geschäftsklimaindex ist zum vierten Mal in Folge gefallen, das Wachstum des Sozialprodukts ist im zweiten Quartal europaweit ins Stocken geraten und einer Stagnation gewichen – in Deutschland, Italien und einigen anderen Ländern sogar einem Rückgang. Falls sich diese Entwicklung fortsetzt, sieht es schlecht aus mit der angestrebten Stabilisierung des Finanz- und Wirtschaftssystems in Euroland. Denn das basiert auf der Erwartung, dass eine starke Konjunktur die Schmerzen der Reformpolitik lindert, indem sie Arbeitsmärkte und Staatshaushalte wieder ins Gleichgewicht bringt.

Neue, schärfere Sanktionen, denen unweigerlich Gegensanktionen folgen werden,  stellen jedoch ein gewaltiges Risiko für die Euroraum-Wirtschaft dar. Wenn bereits die bisherigen Sanktionen zu teilweise dramatischen Absatzrückgängen geführt haben, dann lässt sich leicht ausrechnen, dass schärfere Maßnahmen die Probleme potenzieren werden. Das gilt nicht nur für die direkten Handelsauswirkungen, sondern viel mehr noch für die psychologische Verfassung. Wenn Unternehmen nicht wissen, was als nächstes passiert, wenn sie Angst haben müssen, dass, ausgehend von den USA, Sanktionen künftig auch gegenüber anderen Schwellenländern möglich werden, hemmt das Direktinvestitionen in Emerging Markets und somit die Globalisierung ganz entscheidend. Wer investiert schon Milliarden in Ländern, die möglicherweise in ein paar Jahren auf Sanktionslisten stehen?

Europas Konjunktur steht aber so sehr auf der Kippe, dass sie keine größeren Stöße mehr vertragen kann. Da helfen auch noch so tiefe Zinsen und noch so massive Geldspritzen der EZB nicht mehr entscheidend. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die riesigen Anstrengungen, die nach der US-Bankenkrise und der EU-Staatsschuldenkrise unternommen worden sind, ihre Wirkung verfehlen. Länder wie Spanien, Portugal, Irland und Griechenland, die ihre Ausgaben radikal beschnitten und mit Lohnsenkungen ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessert haben, würden einen Rückfall in Krisenzeiten erleben. Das gilt mehr noch für reformunfähige Staaten wie Italien und Frankreich, die eine tiefe und lange Rezession besonders hart treffen würde. Eine wieder stärkere Aufblähung der Staatsschulden und eine neuer Schub bei der Arbeitslosigkeit wären die Folgen. Und die deutschen Sparer, die am stärksten unter der Nullzinspolitik leiden, müssten noch ein paar Jahre länger als bisher gedacht auf Zinserträge weitgehend verzichten.

Sanktionspläne, die der eigenen Wirtschaft vielleicht sogar mehr schaden als derjenigen Russlands, sollten deshalb in die Schubladen der amerikanischen und europäischen Politiker verschwinden. Die USA haben zwar nur einen Bruchteil dessen zu verlieren, was den Euroländern droht – aber um der Weltwirtschaft willen sollten auch sie ihre gefährliche Sanktionspolitik überdenken.

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1Kommentar
  1. Das ist mal deutlich gesagt, beide direkt Beteiligten EU und Russland gehören zu den Verlierern und es steht auch für die EU einiges auf dem Spiel. Ergänzend könnte man noch anfügen, dass Sanktionen kein adequates Mittel sind um in dieser Konstellation eine Verbesserung zu erzielen. Das zeigen Studien über den Einsatz von Sanktionsmassnahmen und lässt sich auch jetzt wieder beobachten. Ob dies in naher Zukunft nach der heutigen Runde anders zu bewerten ist bleibt abzuwarten. Die Chancen sind jedoch sehr gering.

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