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Honorarberatung – Gesetzentwurf mit Raum für Verbesserungen

Was lange währt, wird nicht immer gut: Das Bundesfinanzministerium hat am 5. November den Entwurf des „Gesetzes zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente“ – kurz „Honoraranlageberatungsgesetz“ vorgelegt. Verbraucherschützer sind aber noch nicht begeistert.

Immerhin – endlich ist ein Gesetzesentwurf da. Denn das Thema Honorarberatung bei Geldanlagen sollte eigentlich bereits früher rechtlich geregelt werden, wurde dann aber vertagt. Das Bundesfinanzministerium will mit dem Gesetz nun die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Anlageberatung auf Honorarbasis und ein neues Berufsbild schaffen. Verbraucher sollen auf diese Weise eine echte Alternative zur bisher üblichen Vergütung auf Provisionsbasis bekommen. Der Gesetzgeber geht mit dem „Schutz der Begriffe Honorar-Anlageberater und Honorar-Anlageberatung einen entscheidend Schritt in Richtung echter Wettbewerb“, sagt Philipp Mertens, Partner bei BMS Rechtsanwälte in Düsseldorf, die Finanzdienstleister berät.

Provisionsberatung heute bedeutet: Wenn sich heute ein Anleger etwa bei seiner Bank beraten lässt und dann ein Finanzprodukt abschließt, zahlt er nicht direkt für die Beratungsleistung, sondern indirekt, indem er das Produkt kauft – und seine Bank dafür vom Produktanbieter Provisionen kassiert. Die Beratung selbst ist daher oft nicht ergebnisoffen geschweige denn unabhängig, denn schließlich kann es ja auch mal der richtige Rat sein, einen Fonds jetzt nicht zu kaufen. Trotzdem operiert die Finanzbranche hier stets mit dem Begriff „Beratung“.

Beim Honorarberater dagegen zahlt der Kunde für die Beratungsleistung selbst; der Berater darf keine Provisionen des Produktanbieters einstreichen. Falls es bestimmte Anlageformen nicht als Nettoprodukte am Markt erhältlich sind, soll der Berater die Provisionen an den Kunden laut Gesetzesentwurf auskehren müssen. Der Berater soll einen „hinreichenden Marktüberblick“ über die Produkte haben, darf sich nicht nur auf Produkte beschränken, die „von ihm nahestehenden Anbietern oder Emittenten angeboten werden“, benötigt einen Sachkundenachweis und eine Berufshaftpflichtversicherung. Auf diese Weise soll es weniger Interessenskonflikte und eine passgenauere Beratung geben. Denn bis zum heutigen Tage steht die herkömmliche Provisionsberatung im Verdacht, dass Berater eher auf die Höhe der Provisionen schielen und daher gerne Mal Produkte verkaufen, die vor allem ihre Bedürfnisse und nicht die ihrer Kunden befriedigen.

Auch Banken dürfen Honorarberatung nach den Gesetzesplänen anbieten, sofern sie sie organisatorisch streng getrennt von der herkömmlichen Beratung auf Provisionsbasis aufstellen, etwa in separaten Unternehmenseinheiten. Das wird Onlinebroker wie Cortal Consors oder comdirect freuen, die bereits heute auch Honorarberatung bei Wertpapieren anbieten. Zusammengerechnet haben die zwei derzeit aber erst rund 3400 Honorarberatungskunden, wie ich für einen aktuellen BÖRSE ONLINE-Beitrag erfahren habe. Derzeit führt die Finanzberatung auf Honorarbasis in Deutschland noch ein Mauerblümchendasein. Der Verbund der Honorarberater schätzt die Zahl der in Deutschland aktiven unabhängigen Honorarberater derzeit auf 1700 bis 1800. Belastbare Zahlen zu deren Kunden fehlen indes.

Verbraucherschützer sehen im Gesetzesentwurf allerdings noch Mängel: Er gehe „an der Grundlogik der Honorarberatung vorbei“, kritisiert etwa Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).  Denn das Gesetz gehe zu sehr von den einzelnen Produkten am Markt aus und nicht genügend von den Kundenbedürfnissen. „Der Referentenentwurf segmentiert die Honorarberater aber nach Produkten. Es soll einen Honorarberater für geschlossene Fonds geben und einen zweiten für sonstige Wertpapiere. Und dann gibt es schon heute einen weiteren für Versicherungen. Eine vernünftige Honorarberatung kann so nicht klappen.“ Der vzbv fordert daher eine einzige Zulassung für Honorarberater, mit der zu allen Anlageprodukten beraten werden kann. Diese Kritik teilt auch Dieter Rauch, Geschäftsführer des Verbunds der Honorarberater.

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1Kommentar
  1. Wie im vorliegenden Koalitionsvertrag der künftigen Regierungsparteien zu lesen ist, wurde die weitere Stärkung der Honorarberatung als Alternative zur Produktvermittlung auf Provisionsbasis beschlossen.

    Ob es zu der im Blog angesprochenen, übergreifenden Regelung eines Honorar-Finanzberaters kommt, die ja bereits im Thesenpapier des BMELV von 2011 vorgestellt wurde, bleibt abzuwarten.

    Die vereinbarte Stärkung darf sich jedoch nicht auf die Regulierung des Berufsbildes beschränken. Es braucht hierzu eine intensive Aufklärung und Information der Bürger, die gegen die geballte Marketing-Power der Finanzindustrie und Versicherungswirtschaft durchdringen kann. Wenn deren Interessensvertreter die Stärkung der Honorarberatung begrüßen, wie zuletzt geschehen, dann eher in der Gewissheit, dass 2.000 bis 3.000 honorarberatende Makler wohl nicht in der Lage sind, die Honorarberatung als Alternative im Bewusstsein der breiten Bevölkerung zu verankern.
    Das Beispiel der Versicherungsberater sollte hier eine Lehre sein. Es zeigt, in welch bedeutungsloser Marktnische Berater stehen können. Ca. 20 Jahre nach deren Einführung gibt es 300 dieser Berater. Sie konnten und können der Übermacht der Produktgeber und der von über 300.000 auf Provisionsbasis tätigen Vermittler kein Gegengewicht entgegensetzen und stellen damit keine in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommene Alternative dar.

    Auf jeden Fall muss der Gesetzgeber, wenn er wirklich die Honorarberatung stärken will, jedem qualifizierten und unabhängigen Finanzvermittler, der diesen Weg beschreiten will, die Möglichkeit geben, über einen mehrjährigen Zeitraum im sog. dualen Modell zu arbeiten. Er muss Kunden auf Honorarbasis und anderen Kunden, die nicht oder noch nicht bereit sind, für ganzheitliche, unabhängige und neutrale Beratung zu bezahlen, auf Provisionsbasis Produkte vermitteln dürfen.

    Honorarberatung muss in dieser frühen Phase dem Kunden zunächst durch den Berater nahegebracht werden. An Argumenten hierzu fehlt es ja bekanntlich nicht.

    Hier ist ein Rückblick auf den britischen Markt angebracht. Dort wurde das duale Modell über Jahre hinweg praktiziert, bevor zum 1. Januar dieses Jahres ein Provisionsverbot für unabhängige Vermittler in Kraft trat. Die Konsequenz war, dass sich die Anzahl der Vermittler drastisch reduzierte. Aus einem Verkäufermarkt entwickelte sich ein Käufermarkt mit positiven Aspekten, was die Qualität des vermittelten Geschäfts betraf.

    Die künftige Bundesregierung wird auch daran gemessen werden, wie sie die häufig von überzogenem
    Provisionsinteresse geprägte Finanzvermittlung von Banken, Versicherungen und freien Vermittlern einschränkt.

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