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Gefährlicher Tiefenrausch der Anleihenzinsen

Erst bei 2,09 Prozent Rendite ist der Zinsrutsch bei zehnjährigen Bundesanleihen vorige Woche zum Stillstand gekommen. Selbst viele der Experten, die angesichts des mit Abstand tiefsten Renditeniveaus der bundesdeutschen Geschichte keine Anleihenblase entdecken können, erwarten nun aber eine längere Korrektur. Und die wachsende Schar der Warner setzt darauf, dass die Luft jetzt endgültig entweicht oder die Blase gar platzt.

Nach meinen Erfahrungen treten Zinswenden stets viel später ein als es die Märkte erwarten, sowohl wenn es nach unten als auch nach oben geht. Das Renditetief wurde denn auch in den letzten Monaten mehrmals irrtümlich ausgerufen. In den letzten fünf Wochen war aber der Renditerutsch besonders scharf und lang anhaltend. Und er hat Grenzen unterschritten, die früher für undenkbar gehalten wurden. Bei 2,09 Prozent Rendite bleiben nach Abgeltungsteuer gerade mal 1,5 Prozent netto. Zieht man davon die Inflationsrate von derzeit 1,2 Prozent ab, ist real nicht viel übrig. Als normal galt lange Zeit, dass die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen so hoch sein sollen wie die Inflationsrate plus das reale Wirtschaftswachstum. Letzteres wird in diesem Jahr gut drei Prozent betragen, so dass ein Zinsniveau von 4,0 bis 4,5 Prozent angemessen wäre – also doppelt so viel wie beim Renditetief vor wenigen Tagen.

Das spricht eindeutig für eine Blasenbildung. Ebenso wie ein andere Indikatoren: So sind nach den Berechnungen des Investment Company Institutes ICI in den zwei Jahren von Mitte 2008 bis Mitte 2010 weltweit etwa gleich viele Gelder in Rentenfonds geflossen wie in den Jahren 1999 und 2000 in Aktienfonds – rund 500 Milliarden Dollar. Damals platzte die Aktienblase unter gewaltigem Getöse – allerdings viel später, als es die meisten Experten erwartet hatten.

Das – zumindest vorläufige – Ende des Renditerutsches erfolgte vorige Woche, als ein paar wichtige Konjunkturdaten in Amerika und China besser als erwartet ausfielen und die Angst vor einem Rückfall der USA in die Rezession dämpften. Die Sorge vor einem Double Dip ist es ja vor allem, die die Anleihenzinsen so tief gedrückt hat. Kräftig geholfen haben dabei die Notenbanken, die massiv Staatsanleihen gekauft haben, um die Bankenliquidität hoch und die Zinsen niedrig zu halten. Der letzte Zinsrutsch erfolgte denn auch, als die US-Notenbank auf ihrer letzten Sitzung bekanntgab, zusätzlich Staatsanleihen zu kaufen, auch länger laufende Titel. Immerhin nimmt die Fed im Schnitt nun rund 15 Prozent der neuen US-Treasuries auf. Das erhöht nicht nur die Nachfrage nach Staateanleihen gewaltig, sondern stellte den Anlegern quasi einen Freibrief aus, weiter auf sinkende Renditen zu spekulieren. Allerdings ist fraglich, ob es den Notenbanken bei so tiefen Anleihenzinsen noch wohl ist.

Die Eingriffe der Währungshüter an den Bondmärkten sowie die extrem niedrigen Zinsen am Geldmarkt und bei kurz laufenden Anleihen dürften dazu beitragen, dass die Blase nicht von heute auf morgen platzt, sondern dass vorerst nur ein wenig Luft entweicht, so wie das in den letzten Tagen begonnen hat. Ob das dann das Ende des Zinsrutsches – und damit der Hausse der Anleihenkurse – ist, hängt davon ab, ob die US-Konjunktur den freien Fall tatsächlich vermeidet und die europäischen Schuldenstaaten Fortschritte beim Defizitabbau vorweisen können. Erst wenn das von einer Mehrheit erwartet wird, dürfte der Sicherheitsaspekt an Gewicht verlieren – und die Anleger würden sich massiv von Staatsanleihen trennen. Aber bis es so weit ist, sind noch viele unerwartet gute Wirtschaftsdaten nötig – vor allem aus den USA -, um den tiefen Pessimismus zu verscheuchen und das Ende der Nullzinspolitik der Währungshüter näher rücken zu lassen.

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