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Freitagsfrage: Ist die Finanztransaktionssteuer so gut wie tot?

Eigentlich sollte die Finanztransaktionssteuer in Deutschland und weiteren zehn EU-Staaten bereits seit gut zwei Monaten in Kraft sein – aber die Staaten sind von einer Einigung immer noch meilenweit entfernt. So mancher Experte hört deshalb das Totenglöckchen für die Abgabe auf Aktien, Derivate und Anleihen immer lauter bimmeln. Aber ist die Finanztransaktionssteuer (FTS) tatsächlich mausetot?

Von den 27 EU-Staaten haben sich elf vor drei Jahren auf die Einführung einer gemeinsamen FTS geeinigt – aber wie immer in Europa-Angelegenheiten steckt der Teufel im Detail. Im Prinzip waren sich die elf zwar einig, nicht aber über die Ausgestaltung. Seit 2013 gab es ungezählte Vorschläge, die jedoch stets einem Teil der Staaten nicht behagten. Inzwischen ist zudem das Häuflein auf 10 geschrumpft, weil Estland ausgestiegen ist, und Belgien will seit gut einem Monat nicht mehr voll mitmachen. Mindestens neun Staaten aber müssen es schon sein, sonst muss das Projekt nach den EU-Richtlinien ohnehin begraben werden.

Die FTS war ins Spiel gebracht worden, um die Finanzindustrie an den Kosten der staatlichen Bankenrettungen im Gefolge von Immobilien- und Eurokrise zu beteiligen. Aber bei den Beratungen ist auch einigen Finanzministern schnell klar geworden, dass die FTS nach der ursprünglich angedachten Ausgestaltung vorwiegend die Anleger und nicht die Finanzindustrie treffen würde. Denn sie ist eine Art Mehrwertsteuer auf alle Transaktionen von Aktien, Derivaten und Anleihen, die von den Banken 1:1 an die Kunden weiterbelastet wird. Doch die privaten Anleger sind Opfer der Finanzkrisen, und nicht Täter.

Nicht zuletzt deshalb wurden die ursprünglich angedachten Sätze – 0,1 % bei Aktien und Anleihen, 0,01 Prozent des Basiswerts bei Derivaten – im Laufe der Zeit reduziert. Trotzdem kam es nicht zu der angestrebten Einigung – und es wurde das gemacht, was in EU-Kreisen gerne exerziert wird: Die Sache wird nun auf Beamtenebene weiterverhandelt und soll Mitte des Jahres beim Finanzministertreffen aufs Neue beraten werden.

Nachdem es schon viele „letzte Versuche“ gegeben hat, die FTS doch noch unter Dach und Fach zu bringen, gilt das nun als „allerletzter Versuch.“ Die Chancen werden allgemein als sehr gering eingestuft, weil die Differenzen zu groß sind. Allerdings gibt es zwei Entwicklungen, die eventuell doch noch eine Einigung erzwingen könnten: Die Kosten der Flüchtlingskrise könnten die Finanzminister nach neuen Einnahmequellen suchen lassen – und US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders ist ein engagierter Verfechter einer Finanztransaktionssteuer. Sollte er gewählt werden, gäbe es wohl international verstärkte Bemühungen um eine weltweite FTS. Das war bislang vor allem am Widerstand der USA und Großbritanniens gescheitert.

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