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Erbschaftsteuer – Karlsruhe prüft mal wieder

Seit mehr als 20 Jahren immer wieder dasselbe: Das Bundesverfassungsgericht schaut sich alle paar Jahre die Erbschaftsteuer an – und verlangte bislang stets gravierende Nachbesserungen. Seit heute befasst es sich mit der Fassung von 2009 (Az.: 1 BvL 21/12). Experten erwarten, dass die Richter erneut nicht einverstanden sein werden.

Vererben die Deutschen nur gut 60 Milliarden, wie es das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gerade im Auftrag der Grünen ermittelt hat, oder sind es doch eher rund 250 Milliarden pro Jahr, von denen die Postbank für 2013 ausging? Klar ist, dass es in Deutschland zwar eine Erbschaftsteuer gibt, aber der Fiskus nicht gerade üppig Geld einstreichen kann, gerade mal rund 4,6 Milliarden Euro pro Jahr waren es zuletzt.

Doch kaum eine Steuer, die auch noch so wenig bringt, ist so umstritten wie die Erbschaftsteuer. Als ungerecht in vielerlei Hinsicht gilt sie. Fundamentalgegner der Steuer finden es nicht in Ordnung, dass der Fiskus überhaupt zugreift, wenn man sein Lebenswerk, das schon einer laufenden Besteuerung unterlag, an seine Kinder weiterreicht. Befürworter sehen darin unter anderem ein wirksames Instrument, um eine allzu große Vermögensakkumulation in den Händen weniger zu verhindern.

Doch genau daran darf man große Zweifel haben. Denn viele Erbgänge bleiben unversteuert. Grund dafür sind großzügige Privilegien insbesondere für Unternehmenserben, die auch der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Vorlagebeschluss ans Verfassungsgericht vom 27.9.2012 (Az.: II R 9/11) bemängelt hat – und eine „verfassungswidrige Überpriviligierung“ erkennt. Die Steuervergünstigungen und Verschonungsregeln „führten dazu, dass die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme sei“, so die Richter des 2. Senats von Deutschlands höchstem Steuergericht im Herbst 2012.

Das Problem besteht aber insbesondere auch darin, dass es für Vermögende derzeit noch immer viel zu einfach möglich ist, aus steuerpflichtigem Privatvermögen steuerbegünstigtes Firmenvermögen zu machen. Der ausführliche Text des Beschlusses ist lesenswert, listet er doch dezidiert etliche Schlupflöcher auf, die in der Praxis eine große Rolle spielen.

Meines Erachtens nach kann man gute Gründe für eine – allerdings sehr moderate – Erbschaftsteuer finden. Doch sie muss so gestaltet sein, dass sie keine Dummensteuer wird. Sprich: Hohe Freibeträge und sehr niedrige Steuersätze bei Kappung der Ausnahmen und unter Beibehaltung von Stundungsregeln etwa für Unternehmenserben, deren Firmen sonst im Bestand bedroht sein könnten. So wird – fast – jeder ein bisschen zur Kasse gebeten, so dass das derzeitige Ungerechtigkeitsgefühl nicht mehr angebracht ist.

Mit einem Urteil des Verfassungsgerichts rechnen die Experten im Herbst. Wer noch auf jeden Fall das derzeit gültige Recht nutzen will, muss sich nicht überschlagen, sondern hat auf jeden Fall wohl Zeit bis zum Urteilsspruch. Falls das Gericht eine Neuordnung des Erbschaftsteuerrechts einfordert, dürfte es nach Expertenmeinungen auch wohl wieder eine Übergangsfrist geben. Und wer weiß: Vielleicht kommen ja auch in Deutschland österreichische Verhältnisse. Dort ist die Erbschaftsteuer seit einigen Jahren Geschichte.

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