Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist sich sicher: Gegenüber dem Spiegel erklärt er, dass er mit einem relativ baldigen Referendum über ein neues Grundgesetz in Deutschland rechne, das Kompetenzen nach Brüssel abgebe. „Eine Abstimmung über den Euro“ titeln schon einige Blätter. Die Idee zur jetzigen Zeit ins Spiel zu bringen ist ein großer und mutiger Schritt, birgt aber auch enorme Risiken.
Nach Schäubles Auffassung ist nun ein Punkt erreicht, an dem nicht mehr die nationalen, sondern die europäischen Institutionen das letzte Wort bei wichtigen Entscheidungen haben müssten. Und das ist wohl richtig, wenn man wirklich die Zukunft des Kontinents gemeinsam gestalten will. Dazu, auch hier sind sich alle einig, brauchen wir einen Volksentscheid, denn es geht um nicht geringeres als den großen Rahmen für unser Leben in Deutschland. Wollen wir uns als Deutsche unter anderen europäischen Nationen verstehen oder eben zum deutschen Teil von Europa werden? Meine Wahl ist klar, ich bin eine Europäerin aus Deutschland.
Schäuble pokert allerdings hoch, wenn er die Idee gerade jetzt ins Rennen schickt. Denn Europa wird von den meisten Menschen derzeit mit dem Euro gleichgesetzt und damit mit dem Begriff „Krise“. Dabei wäre es wirklich an der Zeit einzugestehen, dass das Konstrukt der Nationalstaatenkonföderation seine Grenzen erreicht hat. Und das nicht nur, weil das Wagnis Währungsunion zu früh und zu schlecht konstruiert auf den Weg geschickt wurde.
Die europäischen Behörden bestimmen viel und werden von nationalen Politikern gerne als Sündebock dargestellt. Doch vor allem haben sie keine demokratische Legitimation. Das Europaparlament ist zu schwach, der Einfluss der Regierungschefs zu groß, die Kompromisse zwischen den einzelnen Nationalinteressen oft fragwürdig und zu teuer.
Dennoch glaube ich, dass der Vorschlag von Schäuble zur Unzeit kommt. Denn eine „Abstimmung über den Euro“ würde nicht nur die Stunde der Populisten. Es würde vor allem die wirtschaftlichen Vor – und Nachteile Europas in den Vordergrund rücken. Nicht zufällig hat das Finanzministerium nun eine Studie zu den Katastrophalen wirtschaftlichen Folgen eines Auseinanderbrechens der Währungsunion veröffentlicht.
Dabei gilt für mich: Nur wenn wir eine gemeinsame, gute politische Konstruktion für Europa schaffen, eine Vision haben, wie wir gemeinsam den Kontinent gestalten, wie wir unsere Minderheiten schützen und dennoch entscheidungsfähig bleiben, nur dann wird die Wirtschaft auch auf Dauer prächtig gedeihen.
Für solch eine Diskussion brauchen wir aber etwas Zeit. Doch bislang hat sie noch nicht einmal begonnen – denn alle sind beschäftigt. Mit der Eurokrise.
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