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Aus für die Abgeltungsteuer will gut überlegt sein

Seit 2009 gilt die Abgeltungsteuer für die Besteuerung von Zinsen, Dividenden und Kursgewinnen in Deutschland. Gut möglich, dass ihr Stündlein bald gezählt ist. Doch eine Rolle rückwärts zur Besteuerung nach dem persönlichen Steuersatz will sehr gut durchdacht sein. Sonst sind breite Kreise von Geldanlegern die Verlierer.

Besser 25 Prozent von x als 42 Prozent von nix – mit diesem Slogan hatte der damalige Finanzminister Peer Steinbrück seine SPD von der Notwendigkeit der pauschalen Abgeltungsteuer überzeugt. Damals war klar, dass Milliarden an unversteuertem Vermögen auf ausländischen Konten schlummerten, von denen der deutsche Fiskus nichts zu sehen bekam. Doch viele von Staatsanwaltschaften ausgewertete Steuer-CDs, Selbstanzeigen und Nachversteuerungen in Milliardenhöhe, die Aufgabe des Bankgeheimnisses in so mancher EU-Steueroase und zu guter Letzt der ab 2016 geltende automatische OECD-Informationsaustausch zu Kapitaleinkünften ist eine Abgeltungsteuer vielleicht nicht mehr so notwendig wie damals.

Finanzminister Wolfgang Schäuble spielt daher inzwischen öffentlich mit dem Gedanken, die Abgeltungsteuer zu kippen – und viele Sozialdemokraten sind ohnehin schon längst dieser Meinung. Das Argument tritt nun wieder stärker in den Vordergrund, dass ein niedriger Abgeltungssatz von 25 Prozent womöglich nicht sonderlich gerecht ist für Spitzenverdiener, die auf andere Einkünfte einen Spitzensatz von 45 Prozent zu zahlen haben.

Das Gerechtigkeits-Argument ist gewichtig – doch darf nicht übersehen werden, dass wie immer bei Gesetzesänderungen auch entscheidend ist, wie die Besteuerung von Kapitalanlagen danach im Detail ausgestaltet sein wird. Vor allem Aktionäre drohen nämlich dann womöglich zu den totalen Verlierern zu werden. Denn von dem Übergang auf die Abgeltungssteuer haben damals vor allem Anleger in Zinspapieren profitiert, Aktienanleger hingegen allenfalls von der Vereinfachungswirkung der Abgeltungsteuer.

Wir erinnern uns kurz: Vor dem Start der Abgeltungsteuer waren Zinsen zum jeweils persönlichen Steuersatz steuerpflichtig, sofern der Sparerfreibetrag (derzeit sind das 801 Euro) ausgeschöpft war. Bei Dividenden griff das so genannte Halbeinkünfteverfahren. Das heißt, auf Ebene des Aktionärs waren nur die Hälfte der ausgeschütteten Dividenden steuerpflichtig, weil ja bereits auf Ebene der Gesellschaft selbst eine Versteuerung vorgenommen wird. Ansonsten käme es zu einer gravierenden Doppelbesteuerung von Unternehmensgewinnen. Und last but not least gab es bei Kursgewinnen mit den allermeisten Papieren (Ausnahmen waren die so genannten Finanzinnovationen) eine Spekulationsfrist von einem Jahr – Langfristanleger, die Papiere länger hielten, wurden für ihre Treue steuerlich belohnt und konnten realisierte Kursgewinne dann steuerfrei einstreichen. Werbungskosten, die mit der Geldanlage verbunden waren (zum Beispiel Hauptversammlungsbesuche) durfte man damals übrigens steuerlich geltend machen. Heute ist alles mit dem Pauschbetrag abgegolten.

Einfach war das alte System also nicht, und es machte wirklich keinen Spaß, seine Kapitalerträge in der Steuererklärung aufzudröseln – aber in seiner Kompliziertheit war das damalige System sogar einigermaßen durchdacht. Wenn man jetzt einfach nur fordert, die Abgeltungsteuer von 25 Prozent durch den persönlichen Steuersatz zu ersetzen, dann wäre das daher nach meiner Meinung nicht nur ein gravierender Fehler, der der privaten Geldanlage und dem so häufig beschworenen privaten Vermögensaufbau einen Bärendienst erweisen würde, sondern ganz klar auch eine saftige Steuererhöhung für sehr viele. Wenn schon Rolle rückwärts, dann aber richtig, mit all den Feinheiten und Verästelungen, die es auch vorher schon gab – und mit der Langfristanleger auch passabel leben konnten. Die Bürger, aber auch die Finanzbeamten, dürfen sich schon wieder darauf freuen, eine ausführliche Anlage KAP auszufüllen bzw. auszuwerten. Derzeit ist das häufig ja gar nicht erforderlich.

Noch etwas ist anders als zum Startzeitpunkt der Abgeltungsteuer: Wir befinden uns in einer Minizinsphase historischen Ausmaßes. Gleichzeitig wird den Bürgern immer wieder eingetrichtert, private Vorsorge für später sei wichtig. Von den Minizinsen würde dann auch für viele Bürger, die zwar einen persönlichen Steuersatz von mehr als 25 Prozent haben, aber keinesfalls Spitzenverdiener sind, nach Steuer weniger übrig bleiben als bisher. Wenn der persönliche Satz unterhalb des Abgeltungssatzes liegt, muss man ja auch heute seine Kapitaleinkünfte, sofern vorhanden, nur zum persönlichen Satz versteuern.

Insofern drängt sich mir der Eindruck auf, das ganze Manöver dient vor allem dazu, wieder einmal eine neue Steuerquelle zu erschließen – und das in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen. Lieber sollte man mal wieder darüber nachdenken, wie sich denn die Steuern für viele Bürger moderat senken ließen. Mein Vorschlag: Solidaritätszuschlag abschaffen anstatt der Abgeltungsteuer!

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1Kommentar
  1. Wer spart und vorsorgt wird weiter diskriminiert!

    Wer hat die Abgeltungssteuer eingeführt? Wenn es um Gerechtigkeit geht besteht beim deutschen Steuerchaos weit mehr Reparaturbedarf. Man kann die Abgeltungssteuer abschaffen, dann aber mit einer umfassenden Steuerreform.
    Nicht vergessen sollten die Steuer-Gerechten, dass Zinsen zunächst dem Inflationsausgleich dienen. Die Leistungsfähigkeit oder das Vermögen nimmt dadurch nicht zu. Bei den Minizinsen werden längst reale Verluste besteuert. Der Sparer wird schleichend enteignet, u.a. für die €-Staatschuldenpolitik und die indirekte Finanzierung durch die EZB. Auch direkt wird enteignet, siehe Schuldenschnitt für unbeteiligte Kleinanleger von quasi mündelsicheren Griechenland-€-Anleihen. Die deutsche Politik ist an erster Stelle mitverantwortlich. Man hat immer direkt (Abgeltungs-)Steuern kassiert. Von den Zwangsenteignungsverlusten will der deutsche Fiskus aber bei diesem "Steuer-Recht" nichts wissen. Was für eine Gerechtigkeit ist das?

    Vergessen sollte die Steuer-Gerechten auch nicht, dass Dividenden doppelt besteuert werden. Schon die Gesellschaft wird besteuert und der Eigentümer dann nochmal. Das 25 %-Märchen wird gerne verbreitet. So sind Gewinnausschüttungen bereits mit rund 30 Prozent besteuert. Ihre zweite Belastung mit der Abgeltungsteuer von 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer erhöhe die Dividendenbesteuerung auf insgesamt gute 50 Prozent. Das gilt schon für Kleinaktionäre mit mehr als 16.000 Euro steuerpflichtigen Einkünfte im Jahr. Damit ist der Grenzsteuersatz von 25 % erreicht und die Besteuerung für den Kleinanleger mit rund 50 Prozent endgültig. Was für ein unersättlicher Staat zeigt sich hier!

    Die Abgeltungssteuer, ein Anreiz zur Steuerhinterziehung wie zu lesen ist? Wer kann diese Steuer vermeiden? Was ist dagegen mit Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft oder dem Umsatzsteuerbetrug? Wieviel Milliarden werden da dem Fiskus und den Sozialkassen vorenthalten? Was ist mit der milliardenschweren sanktionslosen Steuergeldverschwendung? Was ist mit Geldwäsche? Reiche Griechen zahlen keine Steuern und waschen auch hierzulande ihre Millionen aus unversteuerten und fragwürdigen Quellen. Wo sind da die aufgekauften Steuer-CDs und die Fahnder? Der deutsche Sparer der für sich selbst vorsorgt, was ja vom Staat gefordert und gefördert wird und der Steuerzahler ist der Dummen bei dieser Politik! Was dem griechischen Staat fehlt, sollen Sparer und Steuerzahler dort ausgleichen?

    Früher oder später wird abkassiert zur diversen Verwendung. Der Sparer erfährt vielfach eine Sonderbehandlung. Ist das mit dem Grundgesetz vereinbar? Z.b. werden thesaurierende Fonds aufgelöst oder verkauft, wird Abgeltungssteuer vom Kapital einbehalten, die der Sparer wieder mühsam beim Fiskus einfordern muss. usw. usf.. Sparen macht keinen Sinn mehr lautet die Botschaft. Sparer stehen unter Generalverdacht. Bankguthaben oder Depots stehen zunehmend im Zugriff des Steuerstaates und werden früher oder später einkassiert.

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