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Achtung! Orderfallen

Weit gefehlt, wer denkt, der Börsenplatz, der bei einem Onlinebroker ganz oben in der Auswahlliste angezeigt wird, bietet für den Anleger die beste Ausführung oder wäre besonders kostengünstig. Dort steht oft der für den Onlinebroker günstigste Handelsplatz – und der muss nicht für den Anleger der beste sein. Doch das ist nur eine von vielen Tücken, die bei der Ordererteilung lauern.

Verblüfft waren meine Kollegin Brigitte Watermann und ich immer wieder über die hohen Unterschiede bei den Kosten und der Handelsqualität der einzelnen Börsenplätze, die wir für die Titelgeschichte in Börse Online (Ausgabe 15/2012) zum Thema Ausführungskosten und Handelsplatzauswahl recherchiert und zusammengestellt haben. Klar ist, dass sich ein Aspekt nicht vorab sagen lässt: Zu welchem Preis ein Auftrag an welchem Handelsplatz ausgeführt wird. Diverse Untersuchungen zeigen jedoch gravierende Kursunterschiede. Und selbst wenn im börslichen oder außerbörslichen Handel vorab ein handelbarer Kurs angezeigt wird, heißt das nicht zwingend, dass die Order auch zu diesem Kurs abgerechnet wird. Daher sollten Anleger vorher die Liquidität prüfen und immer streng limitieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den Anleger beachten sollten, sind die Haupthandelszeiten. Vor 9 Uhr und nach 17.30 Uhr, dem Xetra-Handelsschluss, werden die Spreads, die Spannen zwischen An- und Verkaufskurs größer. Je weniger liquide ein Wert, desto breiter in der Regel die Spanne. Das führt zu gravierende Kursabweichungen außerhalb der Haupthandelszeiten. Extrem ist dies vor allem im morgendlichen Handel, wenn die Akteure noch unsicher über die künftige Entwicklung sind. Nicht selten passiert es, dass Anleger am Vorabend eine unlimitierte Order einstellen und morgens eine Ausführung zu einem ungünstigen Preis erhalten.

Auch bei den Börsengebühren sind die Unterschiede gravierend. Einige Broker geben diese Kosten zwar pauschaliert an die Kunden weiter, aber dennoch kommt es teilweise zu unterscheidlichen Endkosten für die Anleger. Andere Broker wiederum reichen die Gebühren der Börsen eins zu eins weiter und berechnen dem Anleger für jeden Börsenplatz andere Kosten. Wer beispielsweise eine 5000-Euro-Order in einem DAX-Titel erteilt, zahlt beim günstigsten Onlinebroker Flatex 5,90 Euro für eine Order bei Tradegate, 6,95 Euro auf Xetra und zwischen 7,18 und 7,36 Euro in München, Düsseldorf, Berlin, Hamburg und Hannover. 9,98 Euro kostet das Geschäft in Frankfurt, und Stuttgart ist mit 12,61 Euro am Teuersten.

Ein offenes Geheimnis ist aber auch, dass Broker versuchen, durch ihr Pricing Geschäfte an die Börsen zu lenken, die für sie selbst von der Kostenstruktur vorteilhaft sind. So erklärt es sich mit, warum manche Broker ihren Kunden eine Vorauswahl bei den Börsenplätzen vorschlagen. Der Kunde kann sich dann aber mit einem weiteren Klick alle anderen Handelsplätze zeigen lassen.

Peter Gomber, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Frankfurt, der als Koryphäe in Bereich Börsenhandel gilt, sagte uns zu den Voreinstellungen auf den Ordermasken, die Onlinebroker hätten ein klares Interesse daran, dem Kunden den Platz anzuzeigen, der auch für sie günstig sei und würden daher den Orderflow gezielt steuern. Eine Praxis, die auch die Broker zugeben. Was keiner laut sagt, aber alle wissen: Für gute Platzierungen gibt es zum Teil Sonderkonditionen der Börsen. Das sollten Anleger wissen und sich nicht von den in der Ordermaske voreingestellten Börsenplätzen blenden lassen.

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