Die SPD kämpft gegen das Umfragetief und Kanzlerkandidat Martin Schulz versucht es mit immer neuen Reformvorschlägen. Jetzt kam er mit einer frischen Idee um die Ecke: jeder Erwachsene bekommt 20.000 Euro auf ein „Chancenkonto“ mit dem er seine eigenen Karriere fördern kann.
Chancengleichheit in Deutschland? Nicht nur viele Studien stellen uns da ein schlechtes Zeugnis aus, auch im eigenen Umfeld kann jeder die Ungerechtigkeit spüren. Ob das Referat in der Grundschule, das eigentlich die Eltern machen – oder eben nicht. Oder der schwache Englischschüler, der mal eben ein paar Monate zum Sprachkurs in die USA geschickt wird – Kostenpunkt mindestens 10.000 Euro. Wer sehr begabt und fleißig ist, dem stehen wohl tatsächlich alle Türen offen. Wer aber wie die meisten von uns irgendwo ein Schwäche hat, der sollte besser gut gebildete und finanziell solvente Eltern haben.
Ein unsäglicher Missstand, den die SPD mit einer ganz neuen Idee bekämpfen will. Jeder Erwachsene bekommt zum Berufsstart ein „Chancenkonto“ mit 20.000 Euro, dass er für Fortbildung, den Start in die Selbständigkeit, ehrenamtliches Engagement oder auch ein Sabbatical einsetzten kann. Chancen also, die Menschen mit gutem finanziellen Hintergrund oft von ihren Eltern ermöglicht bekommen.
Klingt gut? Ist es aber meiner Meinung nach nicht. Denn erstens ist der Zeitpunkt zu spät. Bei Beginn der Berufstätigkeit sind die Karten schon weitgehend verteilt. Wem in der Schule in Englisch nicht auf die Sprünge geholfen wird, der hat bei vielen Berufsabschlüssen schon verloren. Und andererseits sind einige der Ideen förderungswürdig – aber eben nicht alle und nicht mit der Gießkanne.
Unternehmensgründungen und Selbständige fördern ist eine hervorragende Idee, genau wie berufliche Fortbildung. Beides ist gut für die Wirtschaft. Und ehrenamtliches Engagement ist auf jeden Fall im Interesse der Gesellschaft. Ob die Chance auf ein Sabbatical förderungswürdig ist – darüber kann man dagegen sicher streiten.
Für all das sollte es aber eigene Töpfe, Prüfverfahren und Methoden geben. Eine Förderung der Selbstständigkeit ist optimal, wenn sie mit Unterstützung verbunden ist. Etwa bei der Entwicklung der Geschäftsidee oder eben nicht banalen Dingen wie Steuer und Recht. Berufliche Fortbildung sollte in Kooperation mit der Wirtschaft
stattfinden, niemand weiß besser, welche Qualifikationen gebraucht
werden. Und das Ehrenamt könnte man ganz schnell besser stellen – indem Fahrtkosten zur Ausübung desselben endlich steuerlich absetzbar werden – so wie es Spenden schon sind.
Klingt nach viel Bürokratie und Aufwand? Dann machen Sie einen Moment die Augen zu und stellen sich vor, wieviele Angestellte die Bundesanstalt für Chancenkonten wohl bräuchte. um diese Idee zu verwalten. Geld, das eigentlich genau da hin gehört, wo die Chancen verteilt werden. In Schulen, Kitas und Kindergärten. Damit schwache Englischschüler dort ein kostenloses Förderangebot bekommen.
Mehr Geld für Bildung statt „Chancenkonto“? Das ist der SPD im Wahlkampf offensichtlich viel zu abgedroschen. Aber wichtiger denn je.
0 Kommentare