Am 23. Juni stimmen die Briten darüber ab, ob Großbritannien Mitglied in der EU bleibt. Zwar deuten die Umfragen derzeit eher auf eine Verbleib hin, dennoch sollte die Abstimmung nun endlich eine wichtige Debatte anstoßen: Was ist die Union, wofür steht sie – und wofür sollten wir sie erhalten?
Die Gründungsväter und -mütter hatten da eine wichtige Antwort, die inzwischen in Vergessenheit geraten ist. Zusammenarbeit schafft Frieden, Europa sollte nie wieder zum Schlachtfeld werden. Diese Idee ist inzwischen verblasst, weil der Frieden selbstverständlich erscheint. Doch wer hätte vor einigen Jahren schon geglaubt, dass der Kontinent schon bald überall mit nationalistischen Bewegungen zu kämpfen hat, die in einigen Ländern Osteuropas zwischenzeitlich bereits an die Macht gelangt sind?
Statt Zusammenhalts rückte immer mehr die wirtschaftliche Wohlfahrt in den Mittelpunkt. Und die Wirtschaft setzte die spürbarsten Veränderungen in Gang: Vereinheitlichte Normen, Regeln, aber auch billigere Güter waren die Folge.
Vergessen wurde dabei, dass eine Wirtschaftsgemeinschaft ohne gemeinsame politische Ziele schnell zu einem zynischen Konstrukt wird. Denn sie wird von den Interessen der starken Lobbies dominiert. Das erschafft Beispiele – wie das Gekungel um Abgaswerte im Automobilsektor – , die Bürgern übel aufstoßen und Ablehnung erzeugen.
Wirtschaft ist nicht alles – die Glückforschung weiß, dass Wohlstand nur bis zu einem gewissen Maße glücklich macht. Doch eine schwache Wirtschaft trifft nicht alle gleichermaßen. Sie erzeugt in der Regel eine größere Schere zwischen Arm und Reich und hinterlässt eben doch eine wachsende Schicht unglücklicher, unzufriedener Menschen. Das würde auch in Großbritannien geschehen, wenn ein EU-Austritt etliche Unternehmen aus dem Land triebe.
Selbst die, die den Friedensgedanken vergessen haben, sollten sich also weiter für die EU und einen Verbleib der Briten engagieren – Zusammenarbeit schafft Frieden, aber auch Wohlstand, wenn sie richtig gestaltet wird. Mehr Demokratie, weniger Gekungel wären jetzt die richtigen Antworten, auch wenn der Weg für die Regierungschefs dann vermutlich noch mühseliger wird.
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